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Klimaanlage in Eigentumswohnung: Wann ist sie erlaubt?

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Klimageräte dürfen grundsätzlich installiert werden, wenn sie technisch geeignet sind, Lärmgrenzwerte einzuhalten. Spätere Nutzungsprobleme können nachträglich geregelt werden.
Frontansicht eines Mehrfamilienhaus mit installierten Klimasplittgeräten
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Wenn die Klimaanlage des Nachbarn zum Problem wird

Die Sommertemperaturen steigen und damit auch der Wunsch nach einer Klimaanlage in der eigenen Wohnung. Doch was passiert, wenn die Wohnungseigentumsgemeinschaft die Installation eines Klimageräts genehmigt und sich andere Eigentümer dadurch gestört fühlen? Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil auseinandersetzen.

Der konkrete Fall vor Gericht

Die Ausgangslage war typisch für viele Wohnungseigentumsgemeinschaften: Ein Eigentümer wollte auf seinem Balkon ein Klimasplitgerät installieren. Die anderen Eigentümer stimmten zu und erteilten die Genehmigung per Beschluss. Das geplante Gerät sollte einen Schalldruckpegel von maximal 50 Dezibel erreichen, im normalen Betrieb jedoch deutlich leiser sein.

Die Nachbarn waren jedoch nicht einverstanden. Ihre Wohnung lag direkt unterhalb der geplanten Klimaanlage. Sie befürchteten Lärmbelästigungen, besonders in den Nachtstunden. Während tagsüber 50 Dezibel als akzeptabel gelten, sind nachts nur 35 Dezibel erlaubt. Die Nachbarn zweifelten daran, dass diese Grenzwerte eingehalten würden.

Unterschiedliche Gerichtsentscheidungen in den Instanzen

Der Rechtsstreit führte durch mehrere Instanzen mit unterschiedlichen Ergebnissen. Das Amtsgericht sah zunächst keine Probleme und wies die Klage der gestörten Nachbarn ab. Die Richter waren der Ansicht, dass die Genehmigung der Klimaanlage rechtmäßig erfolgt sei.

Das Landgericht urteilte anders. Die Berufungsrichter erklärten den Gestattungsbeschluss für ungültig. Ihrer Meinung nach hätte die Wohnungseigentumsgemeinschaft gleichzeitig mit der Genehmigung auch Nutzungsregeln beschließen müssen. Nur so könne verhindert werden, dass einzelne Eigentümer unbillig benachteiligt werden.

Die entscheidenden Rechtsfragen

Der Fall warf mehrere wichtige rechtliche Fragen auf, die für alle Wohnungseigentumsgemeinschaften relevant sind:

Wann liegt eine unbillige Benachteiligung vor? Nach dem Wohnungseigentumsgesetz dürfen bauliche Veränderungen nicht beschlossen werden, wenn sie einzelne Eigentümer ohne deren Zustimmung unbillig benachteiligen. Doch wann ist diese Grenze überschritten?

Müssen auch zukünftige Nutzungsauswirkungen berücksichtigt werden? Das Landgericht hatte argumentiert, man müsse nicht nur die bauliche Veränderung selbst betrachten, sondern auch mögliche Lärmbelästigungen durch den späteren Betrieb der Klimaanlage.

Sind gleichzeitige Nutzungsregelungen erforderlich? Die Frage war, ob die Genehmigung einer baulichen Veränderung automatisch mit entsprechenden Nutzungsbeschränkungen gekoppelt werden muss.

Die wegweisende BGH-Entscheidung

Der Bundesgerichtshof schaffte Klarheit und hob das Urteil des Landgerichts auf. Die Karlsruher Richter entwickelten dabei wichtige Grundsätze für den Umgang mit Klimageräten in Wohnungseigentumsgemeinschaften.

Unbillige Benachteiligung hat hohe Hürden. Eine unbillige Benachteiligung liegt nur vor, wenn die bauliche Veränderung einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden kann. Es reicht nicht aus, dass sich jemand subjektiv gestört fühlt.

Nur unmittelbare Auswirkungen zählen grundsätzlich. Bei der Beurteilung einer Genehmigung sind prinzipiell nur die direkten Folgen der baulichen Veränderung relevant. Mögliche Probleme durch den späteren Gebrauch bleiben zunächst außer Betracht. Dies gilt besonders für in Deutschland zugelassene Klimageräte, die typischerweise den technischen Standards entsprechen.

Nutzungsregelungen können nachträglich erfolgen. Die Wohnungseigentumsgemeinschaft muss nicht bereits bei der Genehmigung alle denkbaren Nutzungsregeln beschließen. Solche Regelungen können auch später im Rahmen der Hausordnung getroffen werden.

Wann sind Ausnahmen möglich?

Der BGH räumte jedoch ein, dass es Ausnahmen geben kann. Wenn bereits bei der Genehmigung für alle erkennbar ist, dass der spätere Gebrauch zwangsläufig zu unbilligen Benachteiligungen führen wird, können auch zukünftige Auswirkungen berücksichtigt werden. Bei handelsüblichen Klimageräten ist dies jedoch normalerweise nicht der Fall.

Entscheidend ist die technische Eignung. Wenn ein Klimagerät grundsätzlich dazu geeignet ist, die geltenden Lärmgrenzwerte einzuhalten, spricht dies für eine Genehmigung. Die Richter können sich dabei an den Werten der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm orientieren.

Praktische Lösungsmöglichkeiten bei Problemen

Sollte sich nach der Installation herausstellen, dass die Klimaanlage tatsächlich zu Lärmbelästigungen führt, stehen verschiedene Lösungswege offen. Die betroffenen Nachbarn können sowohl gegen den Anlagenbetreiber als auch zusammen mit der Wohnungseigentumsgemeinschaft vorgehen.

Abwehransprüche bleiben bestehen. Ein rechtskräftiger Gestattungsbeschluss schließt nicht aus, dass gestörte Nachbarn später Abwehransprüche gegen den Betreiber geltend machen. Sie können verlangen, dass die Lärmgrenzwerte eingehalten werden.

Nachträgliche Nutzungsregelungen sind möglich. Die Wohnungseigentumsgemeinschaft kann auch nach der Genehmigung noch Beschlüsse zur Nutzung der Klimaanlage fassen. Beispielsweise können Betriebszeiten begrenzt oder technische Anforderungen verschärft werden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das BGH-Urteil bringt mehr Rechtssicherheit für Wohnungseigentumsgemeinschaften und vereinfacht die Genehmigung von Klimageräten erheblich.

Für Antragsteller bedeutet dies: Wenn Ihr Klimagerät technisch geeignet ist, die Lärmgrenzwerte einzuhalten, stehen die Chancen für eine Genehmigung gut. Sie müssen nicht befürchten, dass theoretische zukünftige Probleme bereits im Genehmigungsverfahren gegen Sie verwendet werden.

Für besorgte Nachbarn heißt das: Sie können eine Genehmigung nicht allein mit dem Verweis auf mögliche spätere Lärmbelästigungen verhindern. Sollten tatsächlich Probleme auftreten, haben Sie jedoch verschiedene Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.

Für Wohnungseigentumsgemeinschaften ergibt sich: Sie müssen nicht mehr komplexe Nutzungsregelungen bereits bei der Genehmigung beschließen. Dies vereinfacht Entscheidungsprozesse erheblich. Gleichzeitig können Sie flexibel auf spätere Probleme reagieren.

Empfehlungen für die Praxis

Trotz der erleichterten Rechtslage sollten Wohnungseigentumsgemeinschaften einige Punkte beachten. Bei der Genehmigung von Klimageräten empfiehlt es sich, die technischen Daten genau zu prüfen und gegebenenfalls Sachverständige hinzuzuziehen.

Dokumentation ist wichtig. Lassen Sie sich vom Antragsteller die technischen Unterlagen des geplanten Geräts vorlegen. Diese sollten belegen, dass die Lärmgrenzwerte eingehalten werden können.

Kommunikation hilft Konflikte vermeiden. Auch wenn rechtlich nicht erforderlich, kann es sinnvoll sein, bereits bei der Genehmigung grundlegende Nutzungsregeln zu besprechen. Dies schafft Klarheit und vermeidet spätere Konflikte.

Bei Problemen schnell handeln. Sollten nach der Installation tatsächlich Lärmprobleme auftreten, zögern Sie nicht, das Gespräch zu suchen oder rechtliche Schritte zu prüfen. Je früher reagiert wird, desto besser lassen sich Lösungen finden.

Das Urteil zeigt: Klimageräte und nachbarschaftlicher Frieden müssen sich nicht ausschließen. Mit der richtigen Technik und gegenseitigem Verständnis lassen sich auch in dicht besiedelten Wohngebieten komfortable Lösungen finden.


Quelle: BGH, Urteil vom 23.05.2025 - V ZR 128/24

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