Kautionsrückzahlung: Wann muss der Vermieter zahlen?
Der Fall: Streit um Büroschlüssel und Kaution
Eine Unternehmerin schloss einen Mietvertrag über zwei Büroräume in einem Geschäftsgebäude ab. Das Mietverhältnis sollte zwei Jahre dauern. Sie zahlte die vereinbarte Kaution und sieben Monatsmieten pünktlich. Doch dann kam es zum Konflikt.
Bei der Übergabe der Räume erhielt die Mieterin zwar die Schlüssel für den Hauseingang und den Flur, jedoch keine Schlüssel für die Bürotüren selbst. Die Räume waren nicht abschließbar. Die Mieterin verlangte mehrfach die Übergabe von Büroschlüsseln, doch die Vermieterin reagierte nicht. Daraufhin kündigte die Mieterin fristlos und stellte die Mietzahlungen ein.
Die Vermieterin sah das anders: Büroschlüssel seien im Mietvertrag nicht vereinbart gewesen. Der Einbau einer Schließanlage sei Sache der Mieterin gewesen. Sie kündigte ihrerseits wegen der ausbleibenden Mietzahlungen und forderte die offenen Beträge ein. Die Mieterin verlangte im Gegenzug ihre gezahlten Mieten und die Kaution zurück.
Der zentrale Streitpunkt: War die fristlose Kündigung berechtigt?
Das Gericht musste klären, ob die Mieterin das Mietverhältnis wirksam fristlos beenden konnte. Eine fristlose Kündigung setzt nach dem Gesetz voraus, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann. Bei Vertragsverletzungen muss der Kündigende grundsätzlich vorher eine Abmahnung aussprechen oder eine Frist zur Abhilfe setzen.
Die Mieterin argumentierte: Ohne abschließbare Büros sei ein Geschäftsbetrieb unmöglich. Die Vermieterin habe den vertragsgemäßen Gebrauch der Räume nicht gewährt. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen, da die Vermieterin die Erfüllung endgültig verweigert habe.
Die Vermieterin hielt dagegen: Der Mietvertrag habe ausdrücklich nur Haus- und Korridorschlüssel vorgesehen. Eine Pflicht zur Aushändigung von Büroschlüsseln habe nicht bestanden. Die Kündigung sei nur ein Vorwand gewesen, weil die Mieterin zuvor erfolglos um eine vorzeitige Vertragsauflösung gebeten hatte.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht München gab der Vermieterin in einem wichtigen Punkt recht: Die fristlose Kündigung der Mieterin war unwirksam. Das Mietverhältnis endete erst durch die spätere Kündigung der Vermieterin.
Das Gericht begründete dies mit drei wesentlichen Argumenten. Erstens war die Übergabe von Büroschlüsseln im Mietvertrag tatsächlich nicht vorgesehen. Dort waren ausdrücklich nur Hauseingangs-, Korridor- und Briefkastenschlüssel genannt. Eine darüber hinausgehende Pflicht ergab sich auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen.
Zweitens handelte es sich selbst bei unterstellter Pflichtverletzung um einen geringfügigen Mangel. Nach den Angaben des Geschäftsführers der Mieterin hätte ein Schloss nur einen kleinen Betrag gekostet und der Einbau etwa eine halbe Stunde gedauert. Solche Bagatellen berechtigen nicht zur fristlosen Kündigung.
Drittens fehlte die erforderliche Abmahnung. Die Mieterin hatte die Vermieterin vor der Kündigung nicht konkret aufgefordert, das Problem zu beheben. Auch die Behauptung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung konnte nicht bewiesen werden.
Der Teilerfolg der Mieterin: Kaution zurück
Dennoch hatte die Mieterin in einem wichtigen Punkt Erfolg: Sie erhielt ihre Kaution in voller Höhe zurück. Das Gericht stellte hierzu grundlegende Regeln auf, die für alle Mieter wichtig sind.
Der Kautionsrückzahlungsanspruch wird fällig, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Das Mietverhältnis muss beendet sein und der Vermieter muss über die Kaution abgerechnet haben. Dabei steht dem Vermieter eine angemessene Prüfungsfrist zu, um festzustellen, welche Ansprüche er noch gegen den Mieter hat.
Wie lang ist diese Prüfungsfrist? Das hängt vom Einzelfall ab. Bei einfachen Fällen können zwei bis drei Monate ausreichen. In durchschnittlichen Fällen sind dem Vermieter üblicherweise sechs Monate einzuräumen. Im vorliegenden Fall waren die Büroräume nie bezogen worden, es gab keine Schäden zu prüfen und die Betriebskosten waren einfach strukturiert. Das Gericht setzte daher eine Frist von nur zwei Monaten an.
Besonders wichtig ist folgende Regel: Wenn der Vermieter einem Auskunftsverlangen des Mieters zur Kautionsabrechnung nicht nachkommt, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er abgerechnet. Der Anspruch auf Rückzahlung wird dann auch ohne förmliche Mitteilung fällig. Die Vermieterin hatte hier trotz wiederholter Aufforderung keine Abrechnung erteilt und damit ihren Anspruch auf die Kaution verloren.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Mieter: Fordern Sie nach Beendigung des Mietverhältnisses aktiv eine Kautionsabrechnung an. Setzen Sie dem Vermieter dabei eine angemessene Frist. Reagiert der Vermieter nicht, wird Ihr Rückzahlungsanspruch fällig, ohne dass Sie auf eine Abrechnung warten müssen. Dokumentieren Sie Ihre Anfragen schriftlich.
Für Vermieter: Rechnen Sie nach Mietende zeitnah über die Kaution ab. Teilen Sie dem Mieter mit, welche Forderungen Sie noch haben und wie Sie die Kaution verwenden möchten. Bei einfach gelagerten Fällen sollten Sie innerhalb von zwei bis drei Monaten abrechnen. Schweigen kann Sie die gesamte Kaution kosten.
Zur fristlosen Kündigung: Bevor Sie als Mieter fristlos kündigen, sollten Sie den Vermieter immer konkret abmahnen und eine Frist zur Behebung des Problems setzen. Pauschale Beschwerden reichen nicht aus. Geringfügige Mängel, die Sie selbst mit wenig Aufwand beheben könnten, berechtigen grundsätzlich nicht zur fristlosen Kündigung.
Grundsätze des Urteils
- Der Kautionsrückzahlungsanspruch wird fällig mit Rückgabe der Mietsache und Zugang einer Abrechnung beim Mieter
- Verweigert der Vermieter die Auskunft über die Kautionsverwendung, wird der Rückzahlungsanspruch auch ohne Abrechnung fällig
- Die Abrechnungsfrist beträgt in einfachen Fällen zwei bis drei Monate, in durchschnittlichen Fällen sechs Monate
- Eine fristlose Kündigung wegen Vertragsverletzung erfordert grundsätzlich eine vorherige Abmahnung
- Die Abmahnung ist nur entbehrlich bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung
- Geringfügige Mängel berechtigen nicht zur fristlosen Kündigung
OLG München, Urteil vom 13.11.2025 – 32 U 1397/25
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