Wohnung und Stellplatz - Ein Mietvertrag oder zwei?


Der Fall: Vermieter will nur den Stellplatz kündigen
In dem verhandelten Fall hatte ein Mieter im April 2003 einen Mietvertrag für eine Zweizimmerwohnung im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses abgeschlossen. Im selben Vertrag war auch ein PKW-Stellplatz auf dem Hinterhof des Grundstücks nebst Fernbedienung für die Einfahrt enthalten.
Im März 2024 - also über 20 Jahre später - kündigte die neue Eigentümerin und Vermieterin dem Mieter den Stellplatz zum 30. Juni 2024, ohne Gründe anzugeben. Sie berief sich dabei auf § 580a Abs. 1 BGB, der bei der Miete von "sonstigen Räumen" eine ordentliche Kündigung ermöglicht.
Der Mieter widersprach der Kündigung, woraufhin die Vermieterin Klage auf Räumung des Stellplatzes und Herausgabe des Transponders einreichte.
Die Standpunkte: Ein Vertrag oder zwei?
Die Kernfrage des Rechtsstreits war einfach: Handelt es sich um zwei separate Mietverträge (Wohnung und Stellplatz getrennt) oder um einen einheitlichen Mietvertrag?
Die Vermieterin argumentierte:
- Es handele sich um zwei eigenständige Verträge
- Der Stellplatz könne nach den Vorschriften über die Miete sonstiger Räume separat gekündigt werden
Der Mieter hingegen meinte:
- Es liege ein einheitlicher Mietvertrag vor
- Dieser könne nur nach den Vorschriften über Wohnraummiete gekündigt werden, die deutlich strengere Anforderungen stellen
Das Urteil: Einheitlicher Mietvertrag!
Das Amtsgericht Kiel (Urteil vom 14.10.2024, Az. 107 C 88/24) wies die Klage ab und gab dem Mieter recht. Die Kündigung des Stellplatzes war unwirksam.
"Entscheidend für die Abgrenzung, ob ein einheitliches Mietverhältnis besteht oder zwei unabhängige Mietverhältnisse, ist der Parteiwille."
Das Gericht begründete seine Entscheidung mit mehreren überzeugenden Argumenten:
- Wirtschaftliche Zusammengehörigkeit: Wohnung und Stellplatz befanden sich auf demselben Grundstück, was für eine wirtschaftliche Einheit spricht.
- Einheitliche Vertragsurkunde: Alles war in einem Dokument mit der Überschrift "Mietvertrag für Wohnungen" geregelt.
- Vorgedruckte Regelungen: Die Kündigungsregelungen im Vertrag bezogen sich durchgängig auf Wohnraummiete.
- Spezielle Sonderregelung: Im Vertrag war lediglich eine besondere Klausel enthalten, die dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht für den Stellplatz einräumte - und zwar nur für den Fall, dass "der neue PKW nicht durch die Hofeinfahrt passt".
Das Gericht fand es besonders überzeugend, dass die Parteien zwar eine spezielle Ausstiegsmöglichkeit für den Mieter geregelt, aber keine allgemeine Kündigungsmöglichkeit nur für den Stellplatz vorgesehen hatten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Die Entscheidung des AG Kiel steht in einer Reihe ähnlicher Urteile und bekräftigt wichtige Grundsätze für Mieter:
- Einheitlicher Vertrag = einheitlicher Schutz: Wenn Wohnung und Stellplatz in einem Vertrag geregelt sind und sich auf demselben Grundstück befinden, spricht viel für einen einheitlichen Mietvertrag mit dem vollen Kündigungsschutz des Wohnraummietrechts.
- Auf die Details achten: Ein gesondert ausgewiesener Mietanteil für den Stellplatz macht aus einem einheitlichen Vertrag noch keine zwei separaten Verträge.
- Sonderkündigungsklauseln genau lesen: Eine spezielle Regelung wie "Der Pkw-Stellplatz kann mit einer 4-wöchigen Kündigungsfrist zurückgegeben werden, falls der neue Pkw nicht durch die Hofeinfahrt passt" gilt nur für den genannten Sonderfall und nur zugunsten des Mieters.
Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Mietvertrag für Wohnung und Stellplatz als einheitlich oder getrennt anzusehen ist, sollten Sie im Streitfall rechtlichen Rat einholen. Die Abgrenzung kann im Einzelfall komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Die grundsätzliche Tendenz der Rechtsprechung ist jedoch klar: Bei räumlichem Zusammenhang und einheitlicher vertraglicher Regelung genießt auch der Stellplatz den besonderen Schutz des Wohnraummietrechts.
Quelle: AG Kiel, Urteil vom 14.10.2024 - 107 C 88/24
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