Widerrufsbelehrung per E-Mail bei Maklerverträgen wirksam


Der Fall: Streit um Maklerprovision nach Widerruf
Ein Immobilienmakler wies einem Interessenten im März 2020 ein Objekt nach, das dieser anschließend kaufte. Die vereinbarte Provision betrug über sechs Prozent des Kaufpreises inklusive Mehrwertsteuer. Der Käufer wollte jedoch nur die ortsübliche Provision zahlen und erklärte später den Widerruf des Maklervertrags.
Der Immobilienexperte hatte dem Interessenten zunächst ein Exposé per E-Mail zugesandt. Um das Dokument herunterladen zu können, musste der Empfänger verschiedene Häkchen setzen und dabei auch den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Widerrufsbelehrung zustimmen.
Kernstreitpunkt: Form der Widerrufsbelehrung
Der zentrale Streitpunkt lag in der Frage, ob eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt war. Nach geltendem Recht müssen Unternehmer Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen eine Widerrufsbelehrung auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen.
Das Problem: Zunächst war unklar, ob der Kunde die Widerrufsbelehrung tatsächlich als speicherbaren Text erhalten hatte oder nur die Möglichkeit zum Abruf über einen Link. Ein bloßer Link würde nicht ausreichen, da er keine dauerhafte Speicherung ermöglicht.
Der Käufer argumentierte, er habe keine ordnungsgemäße Belehrung erhalten und sein Widerruf sei daher wirksam. Ohne gültige Belehrung beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, und der Vertrag könnte theoretisch noch Jahre später widerrufen werden.
Die technische Lösung: Automatische E-Mail mit Anhang
Im Berufungsverfahren konnte der Makler durch einen Zeugen beweisen, dass das verwendete System anders funktionierte als ursprünglich dargestellt. Die eingesetzte Software verschickte automatisch eine separate E-Mail mit der vollständigen Widerrufsbelehrung als Anhang, sobald der Interessent die erforderlichen Häkchen gesetzt hatte.
Diese E-Mail enthielt sowohl die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung als auch ein Muster-Widerrufsformular. Der Anhang wurde auf dem Computer des Empfängers gespeichert und erfüllte damit die Anforderungen an einen dauerhaften Datenträger.
Spam-Ordner-Einstellung schützt nicht vor Zugang
Ein besonders interessanter Aspekt des Urteils betrifft den Umgang mit E-Mail-Filtern. Der Beklagte behauptete, er habe sein E-Mail-Postfach so eingestellt, dass Nachrichten, die versehentlich im Spam-Ordner landen, sofort gelöscht werden.
Das Gericht stellte klar: Wenn ein Verbraucher durch eigene Einstellungen verhindert, dass ordnungsgemäß versandte E-Mails zu seiner Kenntnis gelangen, ist das sein eigenes Problem. Der rechtliche Zugang der E-Mail wird dadurch nicht verhindert.
Diese Entscheidung ist besonders relevant, da viele Nutzer heute automatische Spam-Filter verwenden. Die Gerichte machen deutlich, dass dies nicht zu Lasten der absendenden Unternehmen gehen darf.
Bundesgerichtshof präzisiert Anforderungen
Das OLG Schleswig stützte seine Entscheidung auf ein kurz zuvor ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte die Anforderungen an ordnungsgemäße Widerrufsbelehrungen bei Fernabsatzverträgen präzisiert.
Entscheidend ist demnach, dass der Verbraucher die Möglichkeit erhält, die Belehrung dauerhaft zu speichern oder auszudrucken. Bei E-Mails reicht es aus, wenn die Belehrung als Anhang mitgesendet wird, den der Empfänger auf seinem Computer speichern kann.
Nicht ausreichend wäre hingegen ein bloßer Link zu einer Webseite, da dieser keine dauerhafte Verfügbarkeit garantiert und die verlinkte Seite jederzeit geändert oder gelöscht werden könnte.
Vollständige Erbringung der Dienstleistung
Das Gericht musste auch klären, ob das Widerrufsrecht möglicherweise durch vollständige Erbringung der Dienstleistung erloschen war. Nach dem Gesetz erlischt das Widerrufsrecht bei vollständiger Dienstleistungserbringung, wenn der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat.
Allerdings setzt auch dies eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung voraus. Da diese im konkreten Fall vorlag, hätte theoretisch auch dieser Weg zum Erlöschen des Widerrufsrechts führen können.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Immobilienmakler: Das Urteil bestätigt, dass E-Mail-basierte Widerrufsbelehrungen rechtlich zulässig sind, wenn sie richtig umgesetzt werden. Wichtig ist, dass die Belehrung als speicherbarer Anhang verschickt wird, nicht nur als Link zu einer Webseite.
Für Immobilienkäufer: Auch bei elektronischer Kommunikation gelten die normalen Widerrufsfristen. Wer seine E-Mails nicht ordnungsgemäß verwaltet oder aggressive Spam-Filter einsetzt, trägt das Risiko selbst. Es empfiehlt sich, wichtige geschäftliche E-Mails gezielt im normalen Posteingang zu prüfen.
Für die Praxis: Unternehmen sollten ihre E-Mail-Systeme so konfigurieren, dass Widerrufsbelehrungen automatisch als Anhang verschickt werden. Dies bietet mehr Rechtssicherheit als reine Link-Lösungen.
Die Entscheidung zeigt auch, dass die Gerichte pragmatisch mit neuen Kommunikationsformen umgehen. Entscheidend ist nicht das Medium, sondern dass die gesetzlichen Schutzzwecke - dauerhafte Verfügbarkeit der Information für den Verbraucher - erfüllt werden.
Quelle: OLG Schleswig, Urteil vom 07.06.2021, Az. 16 U 139/20
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