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Wasserschaden durch Balkon: Warum die WEG haftet

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Wenn Wasser vom Nachbarbalkon in die eigene Wohnung eindringt, denken viele Betroffene sofort an eine Klage gegen den Nachbarn. Doch das Landgericht Stuttgart zeigt: Der Weg führt oft über die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Balkon mit Wasserpfütze in einem Mehrfamlienhaus
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Streitfall: Verstopfte Dachrinne führt zu Wasserschaden

In diesem Fall hatte ein Wohnungseigentümer mit den Folgen eines Wasserschadens zu kämpfen. Das Problem lag auf der Terrasse seines Nachbarn: Dort waren die Dachrinne und das Abflussrohr verstopft. Das Regenwasser konnte nicht ordnungsgemäß ablaufen und suchte sich einen anderen Weg. Es lief über die nicht ausreichend abgedichteten Balkonbalken direkt in das Gebäude und verursachte dort erhebliche Schäden.

Der geschädigte Eigentümer sah die Sache klar: Sein Nachbar war verantwortlich für den Zustand seiner Terrasse, also sollte er auch für die entstandenen Schäden aufkommen. Er verklagte ihn direkt vor Gericht. Doch sowohl das Amtsgericht Tuttlingen als auch das Landgericht Stuttgart sahen das anders.

Warum die Klage scheiterte: Gemeinschaftseigentum ist entscheidend

Das Landgericht Stuttgart erklärte die Klage für unbegründet und verwies auf ein zentrales Prinzip des Wohnungseigentumsrechts: Nicht alles, was zu einer Wohnung gehört, ist automatisch Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers.

Die Richter stellten klar, dass es sich bei den schadenverursachenden Bauteilen um zwingendes Gemeinschaftseigentum handelt. Dazu gehören:

  • Die Balkonbalken als konstruktive Elemente
  • Die Dachrinne als Teil des Entwässerungssystems
  • Das Abflussrohr als Bestandteil der Gebäudeentwässerung

Diese Bauteile sind alle Teil des Isolations- und Abdichtungskonzepts des Gebäudes. Das Gericht betonte: "Alle konstruktiven Teile, beispielsweise der Estrich und andere Isolierschichten, stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum."

Die rechtliche Bewertung: Nur die WEG kann verklagt werden

Aus dieser Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum folgt eine wichtige Konsequenz: Schäden, die ihren Ursprung im Gemeinschaftseigentum haben, können nur gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden.

Das Landgericht führte aus: "Liegt die Ursache des von einem Eigentümer geltend gemachten Schadens im Gemeinschaftseigentum, stehen diesem Ansprüche allenfalls gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu."

Dabei spielt es keine Rolle, auf welcher rechtlichen Grundlage der Geschädigte seine Ansprüche stützen möchte. Ob er sich auf Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, auf das Wohnungseigentumsgesetz oder auf Nachbarrecht beruft - der richtige Ansprechpartner bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Neue Regelung verstärkt Position der WEG

Das Gericht verwies zusätzlich auf eine wichtige Neuregelung im Wohnungseigentumsgesetz: § 9a Abs. 2 WEG erweitert die Ausübungskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft auf sämtliche Ansprüche, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben.

Diese Vorschrift bedeutet, dass nur die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst solche Ansprüche geltend machen kann. Einzelne Eigentümer können nicht eigenständig Rechte durchsetzen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen.

Praktische Konsequenzen: Interner Regress möglich

Natürlich bedeutet das nicht, dass der Verursacher des Schadens völlig aus der Verantwortung entlassen wird. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann durchaus Regressansprüche gegen den einzelnen Eigentümer geltend machen, wenn dieser durch sein Verhalten oder das Verhalten seiner Mieter den Schaden verursacht hat.

Im vorliegenden Fall ließ das Gericht diese Frage bewusst offen, da sie für die Entscheidung nicht relevant war. Es stellte aber klar, dass solche internen Auseinandersetzungen zwischen der WEG und dem einzelnen Eigentümer zu klären sind.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie von einem Wasserschaden oder anderen Beeinträchtigungen betroffen sind, die ihren Ursprung in baulichen Elementen haben, sollten Sie zunächst prüfen: Handelt es sich um Gemeinschafts- oder Sondereigentum?

Zur Orientierung: Grundsätzlich gehören alle tragenden und konstruktiven Bauteile sowie alle Elemente der Gebäudehülle und -technik zum Gemeinschaftseigentum. Dazu zählen auch:

  • Außenwände und deren Dämmung
  • Balkone und Terrassen (zumindest die tragenden Teile)
  • Entwässerungssysteme
  • Heizungs- und Wasserleitungen in den Wänden

Ist das Gemeinschaftseigentum betroffen, führt der Weg über die Wohnungseigentümergemeinschaft. Wenden Sie sich an die Hausverwaltung oder den Verwaltungsbeirat. Diese können dann die notwendigen Schritte einleiten.

Wichtig: Lassen Sie sich nicht von der Tatsache abschrecken, dass der Schaden scheinbar von einer bestimmten Wohnung ausgeht. Entscheidend ist nicht die räumliche Zuordnung, sondern die rechtliche Einordnung der schadenverursachenden Bauteile.

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart zeigt: Wer den falschen Beklagten verklagt, läuft Gefahr, dass seine Klage komplett scheitert. Eine vorherige rechtliche Beratung kann hier kostspieligere Fehler vermeiden.


Quelle: LG Stuttgart, Beschluss vom 07.05.2025, Az. 19 S 8/25

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