Wasserschaden am Sondereigentum: Wer darf gegen die WEG-Versicherung klagen?

Der Sachverhalt: Wasserschaden mit Folgen
Im Mai 2020 ereignete sich in einer vermieteten Eigentumswohnung ein erheblicher Wasserschaden. Die Ursache lag vermutlich in der darunterliegenden Wohnung. Der Schaden betraf hauptsächlich das Badezimmer und war so gravierend, dass die Mieter die Wohnung für vier Monate verlassen mussten.
Die Hausverwaltung meldete den Schaden umgehend der Gebäudeversicherung. Mit der Sanierung wurde eine Fachfirma beauftragt. Bei der Renovierung des Badezimmers kam es jedoch zu einem Fehler: Im Duschboden wurde kein ausreichendes Gefälle eingebaut, sodass das Wasser nicht richtig ablaufen konnte. Es staute sich und breitete sich im Badezimmer aus. Eine Nachbesserung dieses Problems wurde von der Hausverwaltung nicht veranlasst.
Der Rechtsstreit: Wohnungseigentümer gegen Versicherung
Der Eigentümer der betroffenen Wohnung entschloss sich, selbst gegen die Gebäudeversicherung vorzugehen. Er forderte einen Betrag von 4.060 Euro als Entschädigung.
Um seine Klageberechtigung zu untermauern, verwies der Eigentümer auf einen Beschluss der WEG vom November 2024. Darin hatte die Eigentümergemeinschaft einstimmig beschlossen, ihm sämtliche Mangel- und Gewährleistungsansprüche abzutreten, die der WEG im Bereich seines Sondereigentums entstanden waren.
Der Wohnungseigentümer argumentierte, dass er aufgrund dieser Abtretung und seiner Stellung als Miteigentümer berechtigt sei, Ansprüche sowohl aus dem Werkvertrag als auch aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen.
Die Entscheidung des Gerichts: Klare Grenzen
Das Amtsgericht München wies die Klage als unzulässig ab. Die Begründung ist für alle Wohnungseigentümer von weitreichender Bedeutung:
Der Kläger ist kein Versicherungsnehmer und kann daher keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen. Gemäß Teil I. B § 12 Nr. 1 Satz 1 VGB 2008 steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu.
Das Gericht stellte klar, dass im Fall einer Wohngebäudeversicherung die WEG als rechtsfähiger Verband der Versicherungsnehmer ist. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind lediglich die Versicherten. Bei Schäden am Sondereigentum handelt es sich um eine "Versicherung für fremde Rechnung".
Zwar stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) grundsätzlich dem Versicherten, also dem Wohnungseigentümer, zu. Verfügen über diese Rechte kann jedoch ausschließlich der Versicherungsnehmer – in diesem Fall die WEG, vertreten durch die Hausverwaltung.
Die Klausel ist rechtmäßig
Das Gericht betonte, dass die Klausel in den Versicherungsbedingungen, wonach nur der Versicherungsnehmer zur Geltendmachung des Versicherungsanspruchs berechtigt ist, rechtlich nicht zu beanstanden sei. Der Versicherer habe ein berechtigtes Interesse daran, es nur mit dem Versicherungsnehmer zu tun zu haben.
Dies vermeidet verschiedene Probleme:
- Keine Überprüfung der Versicherteneigenschaft
- Kein Prozesskostenrisiko im Hinblick auf den Versicherten
- Keine Auseinandersetzung mit einer Vielzahl unbekannter Personen
- Keine Doppelklagen von Versicherungsnehmer und Versicherten
- Keine Einvernahme des Versicherungsnehmers als Zeugen
Auch die Zustimmung der WEG zur Klageerhebung durch den Eigentümer ändert nichts an dieser rechtlichen Bewertung. Das Gericht stellte fest:
Der Versicherte kann daher auch dann keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen, wenn die Versicherungsnehmerin zugestimmt hat.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Wohnungseigentümer bedeutet dieses Urteil:
- Keine Direktklage gegen die Versicherung: Als einzelner Wohnungseigentümer können Sie nicht selbst gegen die Gebäudeversicherung klagen – auch nicht, wenn die WEG zustimmt oder Ihnen sogar Ansprüche abtritt.
- Die WEG muss handeln: Bei Schäden am Sondereigentum müssen Sie darauf hinwirken, dass die WEG (vertreten durch die Hausverwaltung) die Ansprüche gegenüber der Versicherung durchsetzt.
- Mögliche Ansprüche gegen die WEG: Wenn die WEG nicht bereit ist, berechtigte Ansprüche gegen die Versicherung durchzusetzen, können Sie unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen die WEG selbst haben.
Das Gericht erkennt ausdrücklich an, dass diese Situation für den einzelnen Wohnungseigentümer problematisch sein kann. Es betont jedoch, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers sich darauf beschränken, von der WEG zu verlangen, dass bestehende Ansprüche gegenüber der Versicherung durchgesetzt werden.
Fazit: Klare Zuständigkeiten beachten
Das Urteil verdeutlicht die klare Trennung der Zuständigkeiten in einer WEG. Die Gebäudeversicherung steht in einem Vertragsverhältnis mit der Gemeinschaft als Ganzes, nicht mit den einzelnen Eigentümern. Diese Struktur dient der Rechtssicherheit, kann aber im Einzelfall zu Spannungen führen.
Für Wohnungseigentümer ist es daher wichtig, bei Schäden am Sondereigentum frühzeitig mit der Hausverwaltung zu kommunizieren und auf eine konsequente Verfolgung von Versicherungsansprüchen zu drängen. Im Zweifel sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, um die eigenen Möglichkeiten korrekt einschätzen zu können.
Quelle: AG München, Urteil vom 03.01.2025 - 231 C 21924/24
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