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Wann können Vermieter wegen offener Betriebskostennachzahlungen kündigen?

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Viele Mieter kennen die jährliche Betriebskostenabrechnung und die damit manchmal verbundenen Nachzahlungsforderungen. Doch was passiert, wenn diese Nachzahlungen nicht geleistet werden? Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Brandenburg zeigt, dass unbezahlte Betriebskostennachzahlungen unter bestimmten Umständen tatsächlich zur Kündigung des Mietverhältnisses führen können.
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Bild von Jörg Hertle auf Pixabay

Der Fall: Jahrelang unbezahlte Betriebskostenabrechnungen

In dem vom Amtsgericht Brandenburg am 20.12.2024 entschiedenen Fall (Az. 33 C 33/24) hatte ein Mieter mehrere Jahre die Nachzahlungen aus den Betriebskostenabrechnungen nicht bezahlt. Der Vermieter forderte Nachzahlungen für die Jahre 2020 (1.228,86 Euro), 2021 (211,81 Euro) und 2022 (295,22 Euro) – insgesamt 1.735,89 Euro.

Trotz mehrfacher Aufforderungen und sogar eines Vollstreckungsbescheids zahlte der Mieter nicht. Der Vermieter kündigte daraufhin das seit etwa 15 Jahren bestehende Mietverhältnis mehrfach – sowohl außerordentlich fristlos als auch hilfsweise ordentlich – und klagte schließlich auf Räumung der Wohnung.

Der Mieter argumentierte, dass die Kündigung nicht rechtmäßig sei, da Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen nicht mit laufenden Mietzahlungen gleichzusetzen seien. Außerdem habe der Vermieter durch sein Zuwarten den Eindruck erweckt, dass keine ernsten Konsequenzen drohen würden.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Brandenburg gab dem Vermieter Recht und verurteilte den Mieter zur Räumung der Wohnung, gewährte ihm jedoch eine Räumungsfrist bis zum 31. Januar 2025.

Das Gericht stellte klar:

Nachzahlungsforderungen aus Betriebskostenabrechnungen gehören zwar nicht ohne Weiteres zur laufend zu zahlenden Miete, sodass ein Verzug aus einer Nebenkostenabrechnung eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB wohl grundsätzlich noch nicht rechtfertigen kann. Jedoch kann eine Rückstandshöhe von mindestens zwei Monatsmieten eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigen.

Im vorliegenden Fall überstiegen die ausstehenden Beträge deutlich die Höhe von zwei Monatsmieten (hier: 2 × 330 Euro = 660 Euro), was nach Ansicht des Gerichts eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

Rechtliche Unterscheidung: § 543 Abs. 2 und § 543 Abs. 1 BGB

Das Gericht traf eine wichtige Unterscheidung:

  1. Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB kann ein Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter mit der Mietzahlung für zwei aufeinanderfolgende Termine oder mit einem erheblichen Teil der Miete in Verzug ist. Diese Regelung ist nach Ansicht des Gerichts auf Betriebskostennachzahlungen nicht direkt anwendbar.
  2. Jedoch kann nach § 543 Abs. 1 BGB eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich sein, wenn die Rückstandshöhe mindestens zwei Monatsmieten erreicht. Hier nahm das Gericht eine Interessenabwägung vor und kam zum Schluss, dass bei Rückständen in dieser Höhe eine Kündigung gerechtfertigt sein kann.

Zusätzlich stellte das Gericht fest, dass auch eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB begründet war. Für diese genügt bereits ein Zahlungsrückstand von mehr als einer Monatsmiete bei einer Verzugsdauer von mindestens einem Monat.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter:

  • Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen ernst nehmen: Auch wenn es sich nicht um laufende Mietzahlungen handelt, können hohe Rückstände zur Kündigung führen.
  • Bei Zahlungsproblemen das Gespräch suchen: Vereinbaren Sie bei finanziellen Engpässen mit dem Vermieter möglichst eine Ratenzahlung, bevor es zu Mahnungen und Kündigungen kommt.
  • Einwände rechtzeitig äußern: Wenn Sie Einwände gegen die Betriebskostenabrechnung haben, sollten Sie diese rechtzeitig und konkret vorbringen. Pauschale Einwände oder bloßes Nichtreagieren schützen nicht vor Konsequenzen.

Für Vermieter:

  • Zwei-Monatsmieten-Grenze beachten: Eine fristlose Kündigung wegen Betriebskostennachzahlungen ist in der Regel erst möglich, wenn der Rückstand mindestens zwei Monatsmieten erreicht.
  • Abmahnung erforderlich: Vor der Kündigung sollte eine Abmahnung mit Fristsetzung zur Zahlung erfolgen.
  • Dokumentation wichtig: Für eine erfolgreiche Räumungsklage ist eine gute Dokumentation aller Mahnungen, Kündigungen und Zahlungsaufforderungen entscheidend.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht: Auch wenn Betriebskostennachzahlungen und laufende Mietzahlungen rechtlich unterschiedlich behandelt werden, können substantielle Rückstände bei den Betriebskosten durchaus zur Kündigung des Mietverhältnisses führen. Bei Zahlungsschwierigkeiten ist es daher ratsam, frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und gemeinsam eine Lösung zu finden.

Das Gericht berücksichtigte zwar die schwierige Situation auf dem Wohnungsmarkt und die lange Wohndauer des Mieters durch Gewährung einer Räumungsfrist, letztlich konnte dies aber die Beendigung des Mietverhältnisses nicht verhindern.

Quelle: AG Brandenburg, Urteil vom 20.12.2024, Az. 33 C 33/24

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