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Verwalterwechsel: Wer muss fehlerhafte Jahresabrechnungen korrigieren?

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Wer ist für die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung zuständig, wenn ein Verwalterwechsel stattgefunden hat? Mit dieser praxisrelevanten Frage musste sich jetzt das Landgericht Berlin in einem aktuellen Urteil auseinandersetzen. Die Antwort ist klar: Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) ist immer der aktuelle Verwalter verantwortlich – auch wenn die fehlerhafte Abrechnung aus der Zeit seines Vorgängers stammt.
Taschenrechner mit Unterlagen

Der Sachverhalt: Streit um fehlerhafte Jahresabrechnung

Im vorliegenden Fall hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ihre frühere Hausverwaltung verklagt. Die WEG verlangte von der ehemaligen Verwalterin die Korrektur einer Jahresabrechnung für das Jahr 2021, die nach Ansicht der Gemeinschaft erhebliche Fehler enthielt.

Konkret ging es um mehrere behauptete Mängel:

  • Die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten basierte auf Gasverbrauch, obwohl die Anlage mit einer Wärmepumpe betrieben wurde
  • Die Verbrauchskosten für Wärme, Warm- und Kaltwasser wurden nach falschen Zählerwerten verteilt
  • Bestimmte Kosten wurden in der Gesamtabrechnung fehlerhaft berücksichtigt
  • Die Soll-Zahlungen waren nicht korrekt eingesetzt

Die frühere Verwalterin hatte zwar eine Jahresabrechnung erstellt, wollte diese aber nicht entsprechend korrigieren. Sie vertrat die Auffassung, dass nach einem Verwalterwechsel nur der aktuelle Verwalter für die Korrektur zuständig sei.

Die zentralen Streitpunkte

Rechtlich ging es um die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel für die Korrektur einer fehlerhaften Jahresabrechnung verantwortlich ist:

  1. Die Position der WEG: Nach älterer Rechtsprechung des BGH sei der ausgeschiedene Verwalter weiterhin für die Erstellung und Korrektur von Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zuständig. Diese Pflicht stelle eine nachwirkende Vertragspflicht dar.
  2. Die Position der Beklagten: Mit dem Ausscheiden als Verwalter enden auch die organschaftlichen Pflichten. Für die Korrektur sei daher stets der aktuelle Verwalter zuständig.

Die WEG argumentierte zudem, dass die neue Verwalterin die Abrechnung technisch gar nicht korrigieren könne, da sie ein anderes Abrechnungsprogramm verwende.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Berlin wies die Klage der WEG ab und gab der ehemaligen Verwalterin Recht.

Die zentralen Argumente des Gerichts:

"Soweit § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG dem Verwalter auferlegt, die Jahresabrechnung zu erstellen, regelt das Gesetz keine originäre Verpflichtung des Verwalters, sondern nur dessen Organzuständigkeit."

Anders als im alten Recht folgt die Pflicht zur Aufstellung der Jahresabrechnung jetzt aus der Organstellung des Verwalters und nicht aus dem Verwaltervertrag. Der Verwalter ist lediglich Ausführungs- bzw. Vertretungsorgan und setzt die Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer um.

"Endet diese Organstellung durch Abberufung, können vom abberufenen Verwalter keine organschaftlichen Primärpflichten mehr verlangt werden."

Mit anderen Worten: Wenn ein Verwalter abberufen wird, kann er nicht mehr verpflichtet werden, organschaftliche Aufgaben zu erledigen – dazu gehört auch die Korrektur einer Jahresabrechnung.

Das Gericht stellte fest, dass die frühere Rechtsprechung des BGH, wonach der ausgeschiedene Verwalter für Jahresabrechnungen aus seiner Amtszeit zuständig bleibt, seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) nicht mehr anwendbar ist.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Die Entscheidung hat wichtige praktische Auswirkungen für Wohnungseigentümer und Verwaltungen:

  1. Für Wohnungseigentümergemeinschaften:
    • Die Korrektur fehlerhafter Jahresabrechnungen muss immer beim aktuellen Verwalter beantragt werden, auch wenn die Fehler vom Vorgänger verursacht wurden.
    • Praktische Probleme (wie unterschiedliche Abrechnungsprogramme) ändern nichts an dieser rechtlichen Zuständigkeit.
    • Die WEG sollte bei einem Verwalterwechsel dafür sorgen, dass alle notwendigen Unterlagen und Daten übertragen werden.
  2. Für ausgeschiedene Verwalter:
    • Sie sind nur zur Rechenschaftslegung verpflichtet, nicht aber zur nachträglichen Korrektur ihrer Abrechnungen.
    • Diese Rechenschaftspflicht umfasst die Übermittlung aller relevanten Unterlagen und Informationen an den neuen Verwalter.
  3. Für neue Verwalter:
    • Sie übernehmen die volle Verantwortung für die Korrektur aller Jahresabrechnungen – auch für Zeiträume vor ihrer Amtszeit.
    • Bei der Übernahme einer WEG sollten sie darauf achten, alle notwendigen Unterlagen und Daten vom Vorgänger zu erhalten.

Es ist zu beachten, dass das Landgericht die Revision zugelassen hat. Die Frage, wer nach einem Verwalterwechsel für die Korrektur von Jahresabrechnungen zuständig ist, wird daher möglicherweise noch vom Bundesgerichtshof abschließend geklärt werden.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Wohnungseigentümer müssen sich bei fehlerhaften Jahresabrechnungen nach einem Verwalterwechsel an den aktuellen Verwalter wenden – nicht an den früheren. Der ausgeschiedene Verwalter ist nur zur Herausgabe von Informationen verpflichtet, nicht aber zur Korrektur seiner Abrechnung.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 10.12.2024 - 56 S 24/24 WEG

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