Vermietung von Wohnungen im Gemeinschaftseigentum: Wer bekommt das Geld?


Der Fall: Eigenmächtige Vermietung von Gemeinschaftseigentum
In einer Münchner Wohnungseigentümergemeinschaft kam es zu einem Rechtsstreit zwischen einem Eigentümer und mehreren anderen Eigentümern, die in der Gemeinschaft die Stimmenmehrheit besaßen. Diese Mehrheitseigentümer hatten auf dem Gebäude zunächst einen Dachstuhl errichtet und später in diesem Dachraum sieben Wohnungen mit einer Gesamtfläche von etwa 800 Quadratmetern gebaut. Die Herstellungskosten beliefen sich auf rund 2,5 Millionen Euro.
Obwohl diese Wohnungen im Gemeinschaftseigentum standen, vermieteten die beklagten Eigentümer fünf dieser Wohnungen und behielten die daraus erzielten Mieteinnahmen für sich. Der klagende Eigentümer, der einen Miteigentumsanteil von 247,68/1.000 besaß, forderte daraufhin seinen anteiligen Anteil an den Mieteinnahmen – konkret 128.031,17 Euro.
Die zentrale Rechtsfrage
Der Fall wirft eine grundlegende Frage auf: Steht einem einzelnen Wohnungseigentümer ein direkter Anspruch auf seinen anteiligen Teil der Mieteinnahmen zu, die aus der Vermietung von Gemeinschaftseigentum erzielt werden?
Der Kläger stützte seinen Anspruch auf § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), wonach die erzielten Einnahmen grundsätzlich allen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft anteilig zustehen. Er argumentierte zudem, dass seine Klage notwendig sei, um die Verjährung der Zahlungsansprüche abzuwenden, da die Wohnungseigentümergemeinschaft, die von den Beklagten majorisiert werde, keine Maßnahmen ergriffen habe.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht München wies die Klage vollständig ab. In seiner Begründung erläuterte das Gericht einen wichtigen Grundsatz im Wohnungseigentumsrecht:
Die aus der Vermietung von Gemeinschaftseigentum erzielten Einnahmen stehen zwar allen Wohnungseigentümern anteilig zu – aber § 16 Abs. 1 WEG räumt dem einzelnen Eigentümer keinen unmittelbaren Anspruch auf Auszahlung seines Anteils ein.
Das Gericht stellte klar, dass im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung Einnahmen zunächst zur Deckung der Lasten und Kosten zu verwenden sind. Den Eigentümern steht von vornherein nur ein Anteil am Reinertrag nach Abzug aller Lasten und Kosten zu.
Wie werden Mieteinnahmen korrekt verteilt?
Das Gericht erläuterte den gesetzeskonformen Weg zur Verteilung von Mieteinnahmen:
- Die Einnahmen werden in der Jahresabrechnung den Ausgaben gegenübergestellt
- Nach Maßgabe des geltenden Verteilungsschlüssels werden diese auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt
- Ein Guthaben kann:
- der Instandhaltungsrücklage zugeführt werden
- zur Deckung laufender Kosten verwendet werden
- an die Wohnungseigentümer ausgekehrt werden
Konkrete Auszahlungsansprüche entstehen erst durch eine entsprechende Beschlussfassung der Eigentümerversammlung.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer ist es wichtig zu verstehen, dass Sie nicht direkt bei anderen Eigentümern Ihren Anteil an Mieteinnahmen einfordern können – selbst wenn diese eigenmächtig Gemeinschaftseigentum vermieten und die Mieten für sich behalten. Stattdessen müssen Sie den im Wohnungseigentumsgesetz vorgesehenen Weg einhalten:
- Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung: Sie haben einen Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens.
- Rechtliche Schritte bei Untätigkeit der Gemeinschaft:
- Sie können einen Beschluss der Eigentümerversammlung beantragen
- Wird Ihr Antrag abgelehnt, können Sie eine Beschlussersetzungsklage erheben
- Bei dringendem Handlungsbedarf kommt auch eine einstweilige Verfügung in Betracht
- Kontrolle der Jahresabrechnung: Sie können im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage prüfen lassen, ob der Verteilerschlüssel den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
Das Gericht betonte, dass diese Verfahrenswege zwar mühsam erscheinen mögen, aber prozessökonomische Überlegungen es grundsätzlich nicht rechtfertigen, von den im Wohnungseigentumsgesetz vorgesehenen Regelungen abzusehen.
Fazit
Das Urteil verdeutlicht einen wichtigen Grundsatz im Wohnungseigentumsrecht: Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und seiner Erträge obliegt der Gemeinschaft als Ganzes – nicht den einzelnen Eigentümern direkt untereinander. Selbst wenn einzelne Eigentümer eigenmächtig handeln und Mieteinnahmen aus Gemeinschaftseigentum für sich behalten, muss die Gemeinschaft als solche tätig werden.
Für Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass sie bei solchen Konflikten über den Weg der Eigentümerversammlung und gegebenenfalls mit den im WEG vorgesehenen Rechtsbehelfen vorgehen müssen – auch wenn dieser Weg unter Umständen mühsamer ist als eine direkte Klage gegen die betreffenden Miteigentümer.
Das Urteil unterstreicht einmal mehr die Bedeutung eines funktionierenden Verwaltungssystems in Wohnungseigentümergemeinschaften und die Wichtigkeit einer fairen, transparenten Verteilung von Einnahmen und Ausgaben durch ordnungsgemäße Beschlussfassung.
Quelle: AG München, Urteil vom 03.06.2024 - 1291 C 17860/23 WEG, ZMR 2025, 76
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