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Toilette defekt - Selbst reparieren ohne Information des Vermieters?

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Wenn die Toilettenspülung nicht funktioniert, stellt dies einen erheblichen Mangel in der Wohnung dar. Doch wie sollen Mieter vorgehen, wenn sie den Vermieter nicht erreichen können? Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Bernau klärt diese Frage und stärkt die Rechte von Mietern in Notsituationen.
Handwerker repariert eine Toilette
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Defekte Toilette und nicht erreichbarer Vermieter

In dem vom Amtsgericht Bernau entschiedenen Fall hatte die Mieterin ein Problem mit ihrer Toilettenspülung. Da eine nicht funktionierende Toilette den Alltag erheblich beeinträchtigt, ließ sie die Reparatur in Eigenregie durchführen. Der Haken an der Sache: Sie hatte den Vermieter vorab nicht ordnungsgemäß über den Mangel informiert.

Die Mieterin hatte zwar versucht, den Vermieter zu kontaktieren, jedoch eine veraltete Anschrift verwendet. Die Mängelrüge vom 14. März 2024 erreichte die Vermieterin daher nicht. Obwohl der Mieterin die Telefonnummer der Vermieterin bzw. eines Zeugen bekannt war, und sie auch über WhatsApp hätte Kontakt aufnehmen können, unterblieb eine erfolgreiche Kontaktaufnahme.

Nach der Reparatur verlangte die Mieterin die entstandenen Kosten in Höhe von 394,19 Euro von der Vermieterin zurück. Diese weigerte sich zu zahlen und verwies unter anderem auf die fehlende Information über den Mangel sowie auf die im Mietvertrag enthaltene Kleinreparaturklausel.

Die rechtliche Beurteilung: Notfall rechtfertigt eigenständiges Handeln

Das Gericht gab der Mieterin Recht und verurteilte die Vermieterin zur Zahlung der Reparaturkosten nebst Zinsen. Obwohl die Mieterin ihre Informationspflicht nach § 536c BGB nicht erfüllt hatte, war sie laut Gericht dennoch berechtigt, die Reparatur eigenständig durchführen zu lassen.

Die Richter stützen ihre Entscheidung auf § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach der Mieter einen Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, wenn dies erforderlich ist. Das Gericht betonte dabei besonders:

"Es ist der Klägerin nicht zumutbar auf einen Verzugseintritt des Vermieters zu warten, wenn die Toilette nicht funktioniert. Es liegt auf der Hand, dass eine funktionierende Toilette in Mitteleuropa conditio sine qua non für ein angemessenes Leben eines Menschen ist."

Mit dieser deutlichen Formulierung macht das Gericht klar, dass eine funktionierende Toilette unabdingbare Voraussetzung (condicio sine qua non) für ein angemessenes Leben ist.

Die Kleinreparaturklausel greift nicht

Die Vermieterin versuchte sich auf eine im Mietvertrag enthaltene Kleinreparaturklausel (§ 10 des Mietvertrages) zu berufen. Diese hätte die Mieterin verpflichtet, Reparaturen bis zu einem bestimmten Betrag selbst zu tragen. Das Gericht wies diesen Einwand jedoch zurück, da die Reparaturkosten mit 394,19 Euro deutlich über dem in der Klausel festgelegten Höchstbetrag von 80 Euro lagen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Mietern in dringenden Fällen. Folgende praktische Auswirkungen ergeben sich daraus:

  1. Notfallreparaturen sind möglich: Bei ernsthaften Beeinträchtigungen der Wohnnutzung – wie einer defekten Toilette – dürfen Mieter auch ohne vorherige Genehmigung des Vermieters eine Reparatur veranlassen.
  2. Grundversorgung hat Priorität: Das Gericht stellt klar, dass eine funktionierende Toilette zur Grundversorgung gehört und nicht verhandelbar ist.
  3. Kostenerstattung trotz Formfehler: Selbst wenn der Mieter den Vermieter nicht ordnungsgemäß informiert hat, kann er unter Umständen die Reparaturkosten erstattet bekommen, wenn die Reparatur dringend notwendig war.
  4. Grenzen der Kleinreparaturklausel: Überschreiten die Reparaturkosten den in der Kleinreparaturklausel festgelegten Höchstbetrag, muss der Vermieter die gesamten Kosten tragen – nicht nur den übersteigenden Teil.

Trotz des positiven Urteils für Mieter empfiehlt es sich dennoch, im Schadensfall alle verfügbaren Kontaktwege zum Vermieter zu nutzen und diese Kontaktversuche zu dokumentieren. Idealerweise sollten Mieter:

  • Aktuelle Kontaktdaten des Vermieters (Anschrift, Telefonnummer, E-Mail) bereithalten
  • Mängel schriftlich (per E-Mail oder Brief) und zusätzlich telefonisch melden
  • Bei dringenden Fällen alle vernünftigen Kommunikationswege ausschöpfen
  • Kontaktversuche dokumentieren (z.B. durch Screenshots von Nachrichten, Anrufprotokolle)

Ist der Vermieter trotz ausreichender Bemühungen nicht erreichbar und liegt ein dringender Mangel vor, der die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt, kann eine Selbstvornahme der Reparatur gerechtfertigt sein.

Fazit: Pragmatische Lösung für Notfälle

Das Urteil des Amtsgerichts Bernau zeigt, dass das Mietrecht auch pragmatische Lösungen für Notfälle bereithält. In Fällen, in denen grundlegende Funktionen der Wohnung beeinträchtigt sind und der Vermieter nicht erreichbar ist, steht den Mietern das Recht zu, selbst zu handeln.

Dennoch sollten Mieter versuchen, den Vermieter zu informieren und diese Versuche nachweisen können. Das Gericht betont zwar die Unzumutbarkeit des Wartens auf den Vermieter bei einer defekten Toilette, zeigt aber auch Verständnis für den Ärger des Vermieters über die mangelnde Information.

Quelle: AG Bernau, Urteil vom 04.04.2025 - 10 C 513/24

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