Schlüssel verloren - Wann Mieter zahlen müssen


Der Schreck sitzt tief - Was tun beim Schlüsselverlust?
Der Wohnungsschlüssel ist verschwunden. Für viele Mieter ist das ein Alptraum, denn schnell stellt sich die Frage: Muss ich jetzt für teure Reparaturen und Schlossaustausch zahlen? Die gute Nachricht vorweg: Eine automatische Haftung gibt es nicht. Die Rechtslage ist komplexer, als viele denken.
Als Mieter tragen Sie eine sogenannte Obhutspflicht für alle Gegenstände, die Ihnen der Vermieter zur Verfügung stellt. Dazu gehören auch die Schlüssel zur Wohnung und zum Haus. Diese Pflicht bedeutet aber nicht, dass Sie in jedem Fall für Schäden aufkommen müssen.
Sofortige Meldung an den Vermieter ist Pflicht
Sobald Sie bemerken, dass ein Schlüssel fehlt, müssen Sie umgehend Ihren Vermieter informieren. Dieser Schritt ist nicht nur rechtlich vorgeschrieben, sondern auch praktisch sinnvoll. Der Vermieter ist schließlich für die Sicherheit des Hauses und aller Wohnungen verantwortlich.
Nach der Meldung liegt die Entscheidung über das weitere Vorgehen beim Vermieter. Er kann entscheiden, ob nur ein Ersatzschlüssel angefertigt wird oder ob das gesamte Türschloss ausgetauscht werden muss. Mieter haben ausdrücklich nicht das Recht, eigenmächtig einen Ersatzschlüssel anfertigen zu lassen.
Falls Sie eine private Haftpflichtversicherung haben, sollten Sie diese ebenfalls umgehend informieren. Allerdings decken nicht alle Policen Schlüsselverluste ab - oft ist dafür ein spezieller Vertragsbaustein nötig.
Wann haften Mieter für den Schlüsselverlust?
Die Haftung von Mietern ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Der wichtigste Grundsatz lautet: Schadensersatz kann der Vermieter nur verlangen, wenn den Mieter am Verlust ein Verschulden trifft und gleichzeitig eine gesteigerte Gefahr des Schlüsselmissbrauchs besteht.
Verschulden liegt vor bei fahrlässigem Verhalten
Grob fahrlässig handeln Sie beispielsweise, wenn Sie den Schlüssel für Notfälle unter der Fußmatte verstecken oder ihn sichtbar im geparkten Auto liegen lassen. Das Kammergericht Berlin entschied in einem Fall, dass es fahrlässig ist, Schlüssel im Auto zu lassen, besonders wenn zusätzliche Diebstahlsanreize wie eine Laptoptasche oder Geschäftspapiere mit der Wohnungsadresse daneben liegen.
Schuldloser Verlust führt nicht zur Haftung
Anders sieht es aus, wenn Sie keine Schuld am Schlüsselverlust tragen. Bei schuldlosem Verlust besteht keine Haftungspflicht gegenüber dem Vermieter. Schuldlos sind Sie beispielsweise, wenn der Schlüssel trotz ausreichender Bewachung gestohlen wird oder aus einem verschlossenen Behältnis wie einem Krankenhauswertfach entwendet wird.
Das Amtsgericht Hamburg entschied, dass es nicht die Schuld des Mieters ist, wenn ihm unterwegs der Wohnungsschlüssel aus dem Rucksack gestohlen wird. Ebenso wenig müssen Sie haften, wenn Ihnen der Schlüssel bei einem Raubüberfall abgenommen wird.
Keine Haftung ohne Missbrauchsgefahr
Selbst wenn Sie den Verlust verschuldet haben, müssen Sie nicht automatisch zahlen. Entscheidend ist, ob eine gesteigerte Missbrauchsgefahr besteht. Kann ein Finder den Schlüssel keinem konkreten Wohnobjekt zuordnen, oder ist ein Missbrauch praktisch ausgeschlossen, entfällt die Schadensersatzpflicht.
Ein praktisches Beispiel: Fällt Ihnen der Schlüssel während einer Kreuzfahrt ins offene Meer oder in einen Gully, ist ein Missbrauch ausgeschlossen. Die Sicherheit des Mietobjekts ist nicht gefährdet, sodass Sie nicht für Kosten aufkommen müssen.
Nur tatsächliche Kosten sind erstattungsfähig
Wichtig ist auch: Der Vermieter kann nur Ersatz für Kosten verlangen, die tatsächlich entstanden sind. Fiktive Kosten oder Kostenvoranschläge reichen nicht aus. Das Amtsgericht Ludwigslust stellte klar, dass keine Verpflichtung zum Kostenausgleich besteht, wenn der Vermieter die erforderlichen Maßnahmen gar nicht durchführt.
Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Rechtsprechung in einem Fall, in dem eine Hausverwaltung einen Kostenvorschuss für den Austausch einer Schließanlage forderte, den Austausch aber auch nach Jahren nicht durchführte.
Besonderheiten bei Zentralschließanlagen
Bei Zentralschließanlagen wird es komplizierter und teurer. Verlieren Sie einen Schlüssel für eine solche Anlage, stellt sich die Frage, ob die gesamte Schließanlage ausgetauscht werden muss. Das Landgericht München entschied jedoch, dass auch hier nicht automatisch die kompletten Austauschkosten zu tragen sind.
In dem verhandelten Fall hatte ein Mieter alle vier Wohnungsschlüssel verloren. Die Austauschkosten für die gesamte Schließanlage beliefen sich auf fast 2.000 Euro. Das Gericht begrenzte aber die Schadensersatzansprüche auf die Kosten für ein neues Wohnungstürschloss, da kein konkretes Gefährdungspotenzial bestand.
Die Richter argumentierten, dass es fernliegend sei, dass jemand mit einem gefundenen Schlüssel in einer Großstadt von Tür zu Tür geht, um zu prüfen, ob der Schlüssel zufällig passt. Deshalb war der komplette Austausch der Schließanlage nicht gerechtfertigt.
Bei erweiterbaren Schließanlagen reicht oft der Austausch einzelner Komponenten. Ist die Anlage nicht erweiterbar, muss der Vermieter den Mieter über dieses Risiko informieren. Unterbleibt diese Information, trägt er die Kosten selbst.
Unwirksame Haftungsklauseln im Mietvertrag
Manche Mietverträge enthalten Klauseln, die eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters vorsehen. Solche Haftungsklauseln sind jedoch rechtlich unwirksam. Der Gesetzgeber hat in § 307 BGB festgelegt, dass derartige Klauseln eine unangemessene Benachteiligung von Mietern darstellen.
Das Oberlandesgericht Brandenburg und das Amtsgericht Spandau bestätigten, dass Vermieter ihre Verantwortung nicht einfach auf Mieter abwälzen können, wenn diese keine Schuld an der Gefährdung tragen.
Zeitfaktor spielt eine Rolle
Vermieter sollten nicht zu lange mit dem Schlossaustausch warten. Lässt sich der Vermieter zu viel Zeit, gibt er zu verstehen, dass er eigentlich keine großen Sicherheitsbedenken hat. Das Amtsgericht Waren/Müritz sprach einem Vermieter den Kostenersatz ab, der erst 16 Monate nach dem gemeldeten Schlüsselverlust die Schlösser austauschen ließ.
Was bedeutet die Rechtslage für Sie?
Die Rechtsprechung zeigt: Als Mieter stehen Sie beim Schlüsselverlust nicht automatisch in der Haftung. Entscheidend sind drei Faktoren: Ihr Verschulden, die tatsächliche Missbrauchsgefahr und die real entstandenen Kosten.
Bewahren Sie Ruhe und melden Sie den Verlust sofort Ihrem Vermieter. Prüfen Sie, ob Ihre Haftpflichtversicherung einspringt, und lassen Sie sich nicht von überzogenen Forderungen einschüchtern. Bei Zentralschließanlagen sind die Kosten oft nicht so hoch wie befürchtet, da meist günstigere Alternativen zum kompletten Austausch existieren.
Ist die Schuldfrage unklar oder fordert Ihr Vermieter hohe Summen, lohnt sich eine rechtliche Beratung. Die Gerichte prüfen jeden Fall einzeln und berücksichtigen dabei sowohl die konkreten Umstände des Verlusts als auch das tatsächliche Sicherheitsrisiko.
Denken Sie daran: Vertragsklauseln, die Sie unabhängig von Ihrer Schuld haftbar machen wollen, sind unwirksam. Sie müssen nur dann zahlen, wenn Sie den Verlust verschuldet haben und eine echte Gefahr für die Sicherheit des Mietobjekts besteht.
Quellen:
- BGH-Urteil vom 05. März 2014 (VII ZR 205/13)
- Landgericht München, Urteil vom 18. Juni 2020 (31 S 12365/19)
- Amtsgericht Ludwigslust vom 13. April 2010 (8 C 321/09)
- Kammergericht Berlin, Urteil vom 11. Februar 2008 (8 U 151/07)
- Verschiedene Fachjournale zum Mietrecht
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