Schimmel nach Fenstertausch: Wer ist verantwortlich?


Der Fall: Schimmel trotz neuer Fenster
Eine Mieterin wohnte seit über 30 Jahren in derselben Wohnung aus den 1970er Jahren. Im Jahr 2001 ließ die Vermieterin neue, dichte Fenster einbauen. Was zunächst wie eine Verbesserung aussah, führte später zu Problemen: Ab 2010 bildete sich wiederholt Schimmel in der Wohnung.
Die Vermieterin wies die Mieterin darauf hin, dass "vermehrtes, richtiges Lüften" notwendig sei, um die Luftfeuchtigkeit zu reduzieren. Trotz dieses Hinweises trat 2019 erneut Schimmel im Badezimmer und Kinderzimmer auf. Die Mieterin zahlte ihre Miete nur noch unter Vorbehalt und forderte die Schimmelbeseitigung sowie eine Mietminderung.
Der Streit vor Gericht
Das Amtsgericht gab der Mieterin zunächst teilweise Recht. Es ordnete an, dass die Vermieterin den Schimmel im Kinderzimmer beseitigen und eine Mietminderung von 15 Prozent gewähren müsse. Die Begründung: Der Schimmel im Kinderzimmer sei nicht auf falsches Lüftungsverhalten zurückzuführen.
Die Vermieterin legte Berufung ein und argumentierte, dass der gesamte Schimmelbefall durch unzureichendes Lüften entstanden sei. Das Landgericht Landshut folgte dieser Argumentation und hob das erstinstanzliche Urteil vollständig auf.
Die Rechtslage: Wer haftet für Schimmelschäden?
Grundsätzlich ist der Vermieter für Mängel verantwortlich. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch muss er die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand erhalten und auftretende Mängel beseitigen. Dies gilt auch dann, wenn die Ursache des Mangels nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt.
Die Ausnahme: Diese Pflicht entfällt, wenn der Mieter den Mangel selbst verursacht hat. Bei Schimmelschäden kommt dies nur bei unzureichendem Heizen und Lüften in Betracht, da der Mieter nur diese Faktoren beeinflussen kann.
Was Mieter wissen müssen
Das Gericht stellte klar, dass Mieter nicht alle komplexen Zusammenhänge der Schimmelentstehung verstehen müssen. Die Wechselwirkungen zwischen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gebäudezustand und Nutzungsverhalten sind zu komplex für juristische Laien.
Mieter müssen jedoch das leisten, was im Rahmen der allgemeinen Verkehrssitte üblich ist. Dazu gehört:
- Zweimal täglich etwa 10 Minuten lüften
- Feuchtespitzen gesondert abführen (nach dem Duschen, Kochen, Wäschetrocknen)
- Bei Querlüftung können die Intervalle verkürzt werden
Der entscheidende Punkt: Anpassung nach Fenstertausch
Ein zentraler Aspekt des Urteils betrifft die Situation nach einem Fenstertausch. Alte, undichte Fenster sorgen für einen automatischen Luftaustausch, sodass oft nur die Feuchtespitzen durch gezieltes Lüften abgeführt werden müssen.
Bei neuen, dichten Fenstern ändert sich dies grundlegend. Das Gericht entschied, dass ein einfacher Hinweis des Vermieters auf "vermehrtes, richtiges Lüften" ausreichend ist. Die Mieterin hätte daraus ableiten müssen, dass ihr bisheriges Lüftungsverhalten nicht mehr ausreichte.
Praktische Tipps für Mieter
Querlüftung ist besonders effektiv: Wenn möglich, sollten gegenüberliegende Fenster gleichzeitig geöffnet werden. Dies erreicht eine bis zu 100-fach höhere Luftwechselrate als das Lüften einzelner Räume.
Feuchtespitzen sofort abführen: Besonders nach dem Duschen, Kochen oder Wäschetrocknen sollte umgehend gelüftet werden, um die entstehende Feuchtigkeit abzuführen.
Regelmäßigkeit ist wichtig: Das zweimal tägliche Lüften sollte zur Routine werden, auch wenn keine besonderen Feuchtequellen vorhanden sind.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Mieter: Nach einem Fenstertausch müssen Sie Ihr Lüftungsverhalten anpassen. Ein Hinweis des Vermieters auf verstärktes Lüften reicht aus, um Sie in die Pflicht zu nehmen. Sie können nicht erwarten, auch nach neuen, dichten Fenstern weiterhin nur minimal zu lüften.
Für Vermieter: Sie müssen bei grundlegenden Änderungen wie einem Fenstertausch auf die Notwendigkeit angepassten Lüftungsverhaltens hinweisen. Ein einfacher Hinweis genügt rechtlich, Sie müssen kein detailliertes Lüftungskonzept erstellen.
Wichtig: Das Urteil macht deutlich, dass die Verantwortung für Schimmelschäden stark vom konkreten Einzelfall abhängt. Entscheidend ist, ob das Lüftungsverhalten den allgemein üblichen Standards entspricht.
Fazit: Neue Fenster, neue Pflichten
Das Landgericht Landshut hat mit seinem Urteil klargestellt, dass Mieter sich an veränderte bauliche Gegebenheiten anpassen müssen. Wer nach einem Fenstertausch weiterhin minimal lüftet, obwohl der Vermieter auf die Notwendigkeit verstärkten Lüftens hingewiesen hat, trägt das Risiko für entstehende Schimmelschäden.
Die Entscheidung zeigt auch, dass Gerichte den Mietern durchaus Eigenverantwortung zutrauen. Zwar müssen sie nicht alle technischen Details verstehen, aber sie sollen auf Hinweise reagieren und ihr Verhalten entsprechend anpassen.
Für beide Seiten gilt: Bei Schimmelschäden sollte frühzeitig fachlicher Rat eingeholt werden. Die Ursachenklärung ist oft komplex und erfordert meist ein Sachverständigengutachten. Eine einvernehmliche Lösung ist in der Regel kostengünstiger als ein langwieriger Rechtsstreit.
Quelle: Landgericht Landshut, Urteil vom 08.01.2025, Az. 15 S 339/23
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