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Maklervertrag per E-Mail: Wann die Textform erfüllt ist

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Ein einfaches "Ja, machen Sie ein Exposé" per E-Mail kann bereits einen bindenden Maklervertrag begründen. Das zeigt ein aktuelles Urteil und verdeutlicht, wie schnell Verkäufer ungewollt zur Zahlung einer Maklerprovision verpflichtet werden können.
Schreibtisch in einem Maklerbüro, Laptop mit Hausexposé und Schlüssel liegen auf einem Schreibtisch
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Vom Erstkontakt zum Rechtsstreit

Eine Eigentümerin wollte ihre Wohnung verkaufen und kontaktierte dafür eine Maklerin, über die sie die Immobilie einst erworben hatte. Die Maklerin erstellte daraufhin eine Marktbewertung der Wohnung und übersandte diese zusammen mit einem schriftlichen Makleralleinauftrag. In diesem Vertragsentwurf war eine Provision von über drei Prozent des Kaufpreises festgehalten.

Die Verkäuferin reagierte auf die Zusendung mit einer E-Mail, in der sie bestätigte, die Bewertung erhalten zu haben. Wenige Tage später fragte sie per E-Mail nach einem Termin für die Fotografin. Nach dem Fototermin erstellte die Maklerin ein Verkaufsexposé, in das die Eigentümerin noch Korrekturen einarbeiten ließ.

Der Verkauf der Immobilie verlief erfolgreich. Nach der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags forderte die Maklerin ihre Provision. Die Verkäuferin weigerte sich jedoch zu zahlen und argumentierte, sie habe niemals einen Maklervertrag abgeschlossen.

Kernstreitpunkt: Wann gilt ein Maklervertrag als geschlossen?

Der zentrale Konflikt drehte sich um die Frage, ob durch das Verhalten der Verkäuferin ein wirksamer Maklervertrag zustande gekommen war. Die Verkäufferin behauptete, sie habe die Maklerin lediglich um kostenlose Unterstützung gebeten und sei nicht über ihre Zahlungspflicht informiert worden.

Die Verkäuferin argumentierte: Sie habe niemals ausdrücklich einem Maklervertrag zugestimmt. Das schriftliche Vertragsangebot habe sie nicht unterzeichnet. Eine mündliche Aufklärung über die Kostenpflicht habe nicht stattgefunden. Zudem sei die erforderliche Textform nicht eingehalten worden, da ihre Zustimmung nicht schriftlich vorliege.

Die Maklerin wendete ein: Durch das Verhalten der Verkäuferin - insbesondere die Bitte um Fototermin und Exposé-Erstellung - sei das schriftliche Vertragsangebot stillschweigend angenommen worden. Die E-Mails der Verkäufferin stellten eine Annahme in Textform dar. Zudem habe die Verkäuferin eine Vollmacht unterzeichnet und zurückgesandt.

Entscheidung: Konkludente Annahme genügt der Textform

Das Landgericht Hamburg gab der Maklerin in allen Punkten Recht und verurteilte die Verkäuferin zur Zahlung der geforderten Provision samt Zinsen und Anwaltskosten.

Wirksamer Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten

Das Gericht stellte klar, dass ein Maklervertrag nicht nur durch ausdrückliche Zustimmung, sondern auch durch schlüssiges Handeln zustande kommen kann. Wer nach Erhalt eines schriftlichen Maklervertrags um die Erstellung eines Exposés bittet oder einen Fototermin vereinbart, nimmt das Vertragsangebot konkludent an.

Die Verkäuferin konnte nicht glaubhaft machen, dass sie die Leistungen unentgeltlich in Anspruch nehmen wollte. Ihr subjektiver Wille, keinen kostenpflichtigen Vertrag abzuschließen, war rechtlich unerheblich.

Textform durch E-Mails gewahrt

Besonders wichtig ist die Entscheidung zur Textform. Seit der Maklerrechtsreform müssen Maklerverträge in Textform abgeschlossen werden. Das bedeutet: Eine rein mündliche Vereinbarung reicht nicht mehr aus.

Das Gericht entschied jedoch, dass auch eine konkludente Annahme per E-Mail die Textform wahrt. Entscheidend ist, dass das schriftliche Angebot des Maklers alle Vertragsbedingungen enthält und der Auftraggeber in Textform - auch durch E-Mails - reagiert.

Irrtum und Anfechtung: Warum die Ausreden nicht halfen

Die Verkäuferin versuchte, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten. Sie behauptete, nicht gewusst zu haben, dass sie als Verkäuferin Provision zahlen müsse.

Anfechtung zu spät erklärt

Das Gericht wies diese Argumentation zurück. Selbst wenn man einen Irrtum unterstellt hätte, wäre die Anfechtung zu spät erfolgt. Die Verkäuferin hatte spätestens bei der Durchsicht des Exposés erkennen können, dass eine Provision anfällt. Dort war deutlich ausgewiesen, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer jeweils die Hälfte der Provision tragen.

Keine arglistige Täuschung

Auch der Vorwurf der arglistigen Täuschung scheiterte. Das schriftliche Vertragsangebot der Maklerin enthielt alle wesentlichen Bedingungen, einschließlich der Provisionsregelung. Eine Täuschung durch Verschweigen lag daher nicht vor.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für alle, die ihre Immobilie verkaufen möchten:

Vorsicht bei der ersten Kontaktaufnahme

Bereits der erste Kontakt mit einem Makler kann rechtliche Bindungen schaffen. Wer nach einem schriftlichen Maklerangebot um konkrete Leistungen wie Bewertung, Fotos oder Exposé bittet, riskiert den Abschluss eines bindenden Vertrags.

E-Mails haben Vertragskraft

Das Urteil macht deutlich, dass E-Mails zur Vertragsannahme genügen können. Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht zwingend erforderlich. Schon die Bitte um einen Fototermin oder die Bestätigung des Erhalts von Unterlagen kann als Vertragsannahme gewertet werden.

Textform als Schutz und Risiko

Die Textformvorschrift soll Verbraucher vor übereilten Vertragsschlüssen schützen. Gleichzeitig zeigt das Urteil aber, dass diese Form bereits durch E-Mail-Verkehr erfüllt werden kann. Die Hürden für einen wirksamen Vertragsschluss sind niedriger als viele denken.

Aufklärungspflicht liegt beim Verkäufer

Makler müssen zwar über Provisionsregelungen informieren, doch diese Pflicht ist erfüllt, wenn die Informationen im schriftlichen Vertragsentwurf stehen. Verkäufer sind selbst verpflichtet, angebotene Verträge sorgfältig zu prüfen.

Praktische Handlungsempfehlungen

Für Verkäufer: Prüfen Sie jeden schriftlichen Maklervertrag genau, bevor Sie in irgendeiner Form darauf reagieren. Bitten Sie nicht um Leistungen wie Bewertungen oder Exposés, ohne vorher die Konditionen geklärt zu haben. Lassen Sie sich die Provisionsregelung ausdrücklich erklären.

Bei mehreren Maklern: Wollen Sie verschiedene Makler vergleichen, klären Sie vorab schriftlich, dass zunächst nur unverbindliche Informationen gewünscht sind. Vermeiden Sie Formulierungen, die als Beauftragung verstanden werden könnten.

Dokumentation ist wichtig: Führen Sie ein schriftliches Protokoll aller Gespräche mit Maklern. Halten Sie fest, was besprochen wurde und welche Vereinbarungen getroffen wurden.

Fazit: Neue Vorsicht im Maklerrecht geboten

Das Urteil des Landgerichts Hamburg zeigt, dass die Maklerrechtsreform den Verbraucherschutz nicht in jedem Fall gestärkt hat. Verkäufer müssen heute mehr denn je aufpassen, nicht ungewollt bindende Verträge abzuschließen.

Die Entscheidung macht deutlich, dass bereits einfache E-Mails weitreichende rechtliche Konsequenzen haben können. Wer seine Immobilie verkaufen möchte, sollte daher jeden Kontakt zu Maklern bewusst und informiert gestalten.

Besonders problematisch ist, dass viele Verkäufer die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht kennen. Sie gehen davon aus, dass ohne Unterschrift kein Vertrag zustande kommt - ein folgenreicher Irrtum, wie dieser Fall zeigt.


Quelle: Landgericht Hamburg, Urteil vom 23.03.2023, Az. 309 O 71/21

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