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Heckenhöhe im Nachbarrecht: BGH klärt Streitfrage zu Bambus

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Haben Sie schon einmal Ärger mit den Nachbarn wegen zu hoher Gewächse an der Grundstücksgrenze gehabt? Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs klärt nun wichtige Fragen zum Thema Heckenhöhe und Grenzabstand – besonders interessant für alle, die mit Bambus oder anderen hochwachsenden Hecken leben oder sich davon gestört fühlen.
Bild von Tom auf Pixabay

Worum ging es in dem Fall?

In Hessen stritten zwei Nachbarn um eine Bambushecke, die auf einer Aufschüttung an der gemeinsamen Grundstücksgrenze wuchs. Diese Aufschüttung bestand bereits seit den 1960er Jahren und wurde durch eine 28 Meter lange Mauer abgestützt. Im Jahr 2018 pflanzte der Eigentümer auf dieser erhöhten Fläche Bambus an und installierte zum Nachbargrundstück hin eine Rhizomsperre, um ein Ausbreiten der Wurzeln zu verhindern.

Der Bambus wuchs schnell und erreichte eine Höhe von sechs bis sieben Metern. Der Nachbar fühlte sich dadurch erheblich beeinträchtigt und forderte gerichtlich, dass der Bambus auf drei Meter zurückgeschnitten werden müsse – gemessen vom Bodenniveau seines tiefergelegenen Grundstücks.

Die zentrale Rechtsfrage

Der Fall warf mehrere spannende Rechtsfragen auf:

  1. Ist eine Bambuspflanzung überhaupt als „Hecke" im Sinne des Nachbarrechts anzusehen?
  2. Hat der Begriff „Hecke" eine natürliche Höhenbegrenzung oder kann eine Hecke beliebig hoch wachsen?
  3. Von welchem Bodenniveau aus ist die Höhe zu messen, wenn ein Grundstück höher liegt als das andere?

Das Landgericht hatte zunächst dem Kläger Recht gegeben. Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Klage jedoch ab. Schließlich landete der Fall beim Bundesgerichtshof (BGH).

Die Entscheidung des BGH

Der BGH traf in seinem Urteil vom 28. März 2025 mehrere wichtige Feststellungen:

Dem Begriff der Hecke im Sinne der Landesnachbargesetze ist eine Höhenbegrenzung nicht immanent. Entscheidend für die Einordnung als Hecke ist vielmehr, ob die Anpflanzungen im Einzelfall nach dem äußeren Erscheinungsbild bei einer natürlichen Betrachtungsweise einen geschlossenen Eindruck als Einheit mit einem Dichtschluss sowie einer Höhen- und Seitenbegrenzung vermitteln.

Dies bedeutet: Eine Hecke kann durchaus höher als drei Meter sein, ohne ihren Status als Hecke zu verlieren. Der BGH widersprach damit der Auffassung, dass Anpflanzungen ab einer gewissen Höhe nicht mehr als Hecke anzusehen seien.

Zur Messung der Höhe bei unterschiedlichen Geländeniveaus stellte der BGH fest:

Wird eine Hecke auf einem Grundstück gepflanzt, das höher liegt als das Nachbargrundstück, ist die nach den Landesnachbargesetzen zulässige Heckenhöhe grundsätzlich von der Stelle aus zu messen, an der die Anpflanzungen aus dem Boden austreten.

Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme:

Erfolgt hingegen im zeitlichen Zusammenhang mit der Anpflanzung eine (künstliche) Erhöhung des Grundstücksniveaus im Bereich der Grundstücksgrenze, ist davon abweichend das ursprüngliche Geländeniveau maßgeblich.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat erhebliche praktische Auswirkungen für Grundstückseigentümer:

  1. Bambuspflanzungen können Hecken sein: Auch wenn Bambus botanisch zu den Süßgräsern zählt, kann er rechtlich als Hecke eingestuft werden, wenn er als einheitliche, dichtgeschlossene Anpflanzung an der Grundstücksgrenze wächst.
  2. Keine automatische Höhenbegrenzung für Hecken: Eine Hecke verliert nicht automatisch ihren Status als Hecke, wenn sie höher als drei Meter wächst. Das heißt aber nicht, dass jede beliebige Höhe zulässig ist.
  3. Natürliche Geländeunterschiede sind zu akzeptieren: Wenn Ihr Grundstück naturbedingt höher liegt als das Ihres Nachbarn, wird die erlaubte Heckenhöhe von Ihrem Bodenniveau aus gemessen.
  4. Vorsicht bei künstlichen Erhöhungen: Wer sein Grundstück an der Grenze künstlich erhöht und darauf dann eine Hecke pflanzt, kann sich nicht auf die höhere Messbasis berufen. Hier gilt das ursprüngliche Bodenniveau.
  5. Besonderheiten in den Bundesländern beachten: Die konkreten Regelungen können je nach Bundesland unterschiedlich sein. In Hessen darf eine Hecke bei einem Grenzabstand von 0,75 Metern höher als zwei Meter sein.

Wann kann trotz Einhaltung der Abstände ein Rückschnitt verlangt werden?

Der BGH hat in seiner Entscheidung betont, dass in besonders gravierenden Fällen das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis einen Rückschnitt rechtfertigen kann – auch wenn die formalen Abstandsregeln eingehalten werden.

Hier kommt es auf eine Einzelfallbetrachtung an: Führt die hohe Hecke zu ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen für den Nachbarn, kann ein Rückschnitt verlangt werden. Solche Situationen können vorliegen, wenn eine sehr hohe Hecke die Aussicht völlig versperrt oder wenn ein Grundstück durch die Bepflanzung praktisch „eingemauert" wird.

Fazit

Das Urteil des BGH schafft mehr Rechtssicherheit im oft streitbefangenen Bereich des Nachbarrechts. Es stellt klar, dass nicht jede hohe Hecke automatisch rechtswidrig ist, betont aber gleichzeitig die Bedeutung gegenseitiger Rücksichtnahme zwischen Nachbarn.

Wenn Sie selbst in einem Nachbarschaftskonflikt um Anpflanzungen stehen, empfiehlt es sich, zunächst das Gespräch zu suchen. Viele Streitigkeiten lassen sich durch Kompromisse lösen, ohne die Gerichte zu bemühen. Bei besonders schwerwiegenden Beeinträchtigungen kann jedoch der Rechtsweg beschritten werden – das aktuelle BGH-Urteil bietet hierfür wichtige Orientierungspunkte.


Quelle: BGH, Urteil vom 28. März 2025 - V ZR 185/23

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