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Hausgeld muss auch ohne Verwalter gezahlt werden

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Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch ohne Verwalter erfolgreich Hausgeld eintreiben. Das Landgericht Köln bestätigte: Säumige Eigentümer können sich nicht auf fehlende Formalitäten berufen.
Schreibtisch mit unterlagen und Euroscheinen, im Hintergrund Apartmenthaus
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Streit um Hausgeld in verwalterlosen WEG

In einer aus drei Wohnungen bestehenden Eigentümergemeinschaft herrschte Unfrieden. Die Gemeinschaft hatte keinen Verwalter mehr, die Eigentümer waren zerstritten. Eine Eigentümerversammlung musste sogar von der Polizei beendet werden. Trotz dieser schwierigen Situation forderte die Gemeinschaft ausstehende Hausgelder für den Zeitraum von August 2021 bis März 2023 ein.

Die Beklagten verweigerten die Zahlung und beriefen sich auf verschiedene rechtliche Einwände. Sie argumentierten, dass ohne ordnungsgemäße Beschlüsse und ohne ein Gemeinschaftskonto keine Zahlungspflicht bestehe. Zudem bezweifelten sie die Vertretungsbefugnis des klagenden Miteigentümers.

Wer darf die WEG ohne Verwalter vertreten?

Das Gericht stellte klar: Ein einzelner Eigentümer kann die gesamte Gemeinschaft vertreten, wenn er als einziger nicht vom Vertretungsverbot betroffen ist.

In diesem Fall gehörten den Beklagten zwei der drei Wohnungen. Sie konnten daher nicht selbst die Gemeinschaft gegen sich vertreten. Der dritte Eigentümer war somit automatisch alleiniger Vertreter der Gemeinschaft. Diese Regelung dient der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft und sichert ihre finanziellen Grundlagen.

Die Beklagten warfen dem vertretenden Eigentümer vor, er habe seine Vertretungsbefugnis "künstlich herbeigeführt", indem er beide säumigen Eigentümer gemeinsam verklagte. Das Gericht wies diesen Einwand zurück: Die gemeinsame Klage war sachlich begründet, da beide Beklagten unstreitig kein Hausgeld zahlten.

Braucht es einen Beschluss für die Klage?

Eine zentrale Frage war, ob die Gemeinschaft vor der Klageerhebung einen entsprechenden Beschluss fassen musste. Das Gericht verneinte dies ausdrücklich. Bei Beitragsverfahren ist eine vorherige Beschlussfassung entbehrlich, da die säumigen Eigentümer bei einer gegen sie gerichteten Beschlussfassung ohnehin nicht stimmberechtigt wären.

"Eine förmliche Beschlussfassung zu verlangen, deren Ergebnis bereits zweifelsfrei feststeht, wäre eine unnötige Förmelei", urteilte das Gericht. Diese Einschätzung wird noch verstärkt durch die besondere Situation der verwalterlosen und zerstrittenen Gemeinschaft, in der Versammlungen kaum durchführbar sind.

Zahlung auf privates Konto des Miteigentümers

Ein besonders strittiger Punkt war die Frage, ob die Beklagten verpflichtet sind, Hausgeld auf ein privates Konto des vertretenden Eigentümers zu zahlen. Die Gemeinschaft hatte kein eigenes Bankkonto, weshalb der vertretende Eigentümer ein Konto in seinem Namen für die Gemeinschaft eröffnet hatte.

Das Gericht bejahte grundsätzlich eine Zahlungspflicht auch auf ein solches Konto. Entscheidend sei, dass durch das Ausbleiben der Zahlungen die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft beeinträchtigt wird. Bereits Versorgungsunternehmen hatten Sperrungen angekündigt, was die prekäre finanzielle Lage der Gemeinschaft verdeutlichte.

Das Gericht betonte, dass der vertretende Eigentümer den Beklagten schriftlich versichert hatte, nur zum Zweck ordnungsgemäßer Verwaltung auf das Konto zuzugreifen. Zudem gewährte er ihnen Einsichtsrechte. Konkrete Anhaltspunkte für eine Veruntreuung der Hausgelder oder eine drohende Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Vertreters waren nicht ersichtlich.

Treuwidriges Verhalten der säumigen Eigentümer

Besonders scharf kritisierte das Gericht das Verhalten der Beklagten: "Es erscheint zudem treuwidrig, wenn die Beklagten einerseits eine Zahlung auf das von dem Miteigentümer eröffnete Konto ablehnen, aber gleichzeitig keinerlei Bemühungen unternehmen, gemeinschaftlich mit diesem ein anderes Konto für die Gemeinschaft einzurichten."

Die Eröffnung eines Gemeinschaftskontos bedarf in tatsächlicher Hinsicht nicht zwingend einer Beschlussfassung, sondern lediglich des gemeinsamen Erscheinens bei einer Bank. Die Beklagten hatten jedoch keine entsprechenden Initiativen ergriffen.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Beklagten bereits ihre grundsätzliche Zahlungspflicht bestritten und auch früher, als noch ein Gemeinschaftskonto existierte, keine Zahlungen geleistet hatten. Der Hinweis auf das fehlende Bankkonto erschien daher vorgeschoben.

Keine Befreiung durch Zahlungsausfälle Dritter

Ein weiterer Einwand der Beklagten war, dass auch der vertretende Eigentümer selbst keine Hausgelder zahle. Das Gericht stellte unmissverständlich klar: "Fehlende Zahlungen eines einzelnen Wohnungseigentümers auf das Hausgeld lassen Zahlungspflichten der anderen Wohnungseigentümer nicht entfallen."

Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, den Geldbedarf der Gemeinschaft durch Zahlung der Hausgelder zu decken. Sie können sich nicht darauf berufen, dass sie stattdessen selbst Zahlungen an Dritte leisten. Das Verhalten der Beklagten, Verbindlichkeiten der Gemeinschaft selbst zu übernehmen anstatt die geschuldeten Hausgelder zu zahlen, sei sogar eine Ursache der Liquiditätsprobleme der Gemeinschaft.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung hat weitreichende praktische Auswirkungen für Wohnungseigentümer:

Hausgeldzahlung ist unumgänglich: Wohnungseigentümer können sich ihrer Hausgeldzahlung nicht entziehen, auch wenn die Gemeinschaft verwalterlos ist oder Streitigkeiten bestehen. Die Zahlungspflicht besteht unabhängig von formalen Verfahrensfehlern oder dem Verhalten anderer Eigentümer.

Vertretung funktioniert auch ohne Verwalter: In verwalterlosen Gemeinschaften kann die Vertretung durch die nicht betroffenen Eigentümer erfolgen. Dies sichert die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft auch in schwierigen Situationen.

Kontofrage ist kein Zahlungshindernis: Die Tatsache, dass die Gemeinschaft kein eigenes Bankkonto hat, befreit nicht von der Zahlungspflicht. Eigentümer müssen auch auf ein treuhänderisch geführtes Konto eines Miteigentümers zahlen, wenn dadurch die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft gesichert wird.

Konstruktive Lösungen sind gefragt: Wer die Zahlung auf ein privates Konto ablehnt, sollte aktiv an der Einrichtung eines Gemeinschaftskontos mitwirken. Passive Verweigerung ohne eigene Lösungsansätze wird als treuwidrig bewertet.

Rechtliche Durchsetzung bleibt möglich: Auch in verwalterlosen Gemeinschaften können Hausgeldansprüche erfolgreich eingeklagt werden. Verfahrensrechtliche Einwände haben meist keinen Erfolg, wenn die materielle Zahlungspflicht besteht.

Für Eigentümer bedeutet dies: Wer seine Hausgelder nicht zahlt, muss auch in schwierigen Gemeinschaftssituationen mit erfolgreichen Klagen rechnen. Die Gerichte stärken die Position der Gemeinschaft und sorgen dafür, dass die notwendigen Beiträge zur Instandhaltung und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums eingezogen werden können.


Quelle: Landgericht Köln, Urteil vom 31.10.2024, Az. 29 S 27/24

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