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Geplatzter Hauskauf: Wann müssen Verkäufer Kosten ersetzen?

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Ein Immobilienkauf platzt kurz vor dem Notartermin – wer trägt die bereits angefallenen Kosten? Das Landgericht Karlsruhe hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass Verkäufer unter bestimmten Umständen die Notarkosten des Käufers ersetzen müssen. Dabei kommt es entscheidend auf das Verhalten während der Verhandlungen an.
junges Paar steht traurig vor einem verkauften Haus
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Vom sicheren Käufer zum Nachsehen

Die Geschichte beginnt wie viele Immobilienkäufe: Ein Interessent besichtigt mehrfach ein Wohnhaus und führt intensive Verhandlungen mit dem Verkäufer. Nachdem sich beide Seiten über die wesentlichen Punkte einig waren, sollte ein Notar den Kaufvertrag ausarbeiten.

Doch der Käufer wurde unsicher. Immer noch fanden Besichtigungen mit anderen Interessenten statt. Als er beim Verkäufer nachfragte, erhielt er eine beruhigende E-Mail: "Unsere Absprache gilt: Sie sind der Käufer!"

Vertrauensvoll beauftragte der Käufer daraufhin das Notariat mit der Vertragserstellung. Doch dann kam die böse Überraschung: Der Verkäufer erhielt ein gleichwertiges Angebot mit angeblich besseren Nebenvereinbarungen, brach die Verhandlungen ab und verkaufte an den anderen Interessenten.

Der enttäuschte Käufer blieb auf den Notarkosten sitzen und klagte auf Schadensersatz.

Hohe Hürden für Schadensersatz bei Immobiliengeschäften

Grundsätzlich gilt: Wer einen Vertrag nicht abschließt, muss normalerweise keinen Schadensersatz zahlen. Bei Immobiliengeschäften sind die Hürden besonders hoch, um Verkäufer nicht unter indirekten Zwang zu setzen.

Schadensersatz gibt es nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, die in der Regel vorsätzlich begangen werden müssen. Das hat der Bundesgerichtshof bereits 2017 klargestellt.

Die Gerichte prüfen dabei sehr genau:

  • Wie liefen die Verhandlungen ab?
  • Welche Zusagen wurden gemacht?
  • Wurde der Käufer zu kostspieligen Maßnahmen veranlasst?

Entscheidende Faktoren: Vertrauen und Zusagen

Im vorliegenden Fall sah das Landgericht Karlsruhe die hohen Voraussetzungen als erfüllt an. Ausschlaggebend waren mehrere Punkte:

Gesteigerte Vertrauensbeziehung: Durch die klare Aussage "Sie sind der Käufer!" entstand ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien.

Veranlassung zu Kosten: Der Verkäufer stimmte der Beauftragung des Notars zu und bestärkte den Käufer in seinem Vertrauen, obwohl er weiterhin mit anderen Interessenten verhandelte.

Fehlende Fairness: Bei einem gleichwertigen Angebot hätte der Verkäufer dem ersten Interessenten die Chance geben müssen, "gleichzuziehen".

"Aufgrund der vorangegangenen Verhandlungen und der klaren Aussage des Verkäufers sah das Gericht eine gesteigerte Vertrauensbeziehung begründet, die zu erhöhter Rücksichtnahme verpflichtet."

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Käufer sollten Sie trotz dieser Entscheidung vorsichtig sein:

  • Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Sie im Streitfall Recht bekommen
  • Warten Sie mit kostspieligen Maßnahmen (wie Kreditzusagen) bis zum Notartermin
  • Dokumentieren Sie alle Zusagen des Verkäufers schriftlich
  • Lassen Sie sich rechtlich beraten, wenn Sie bereits Kosten hatten

Als Verkäufer müssen Sie aufpassen:

  • Machen Sie keine verbindlich wirkenden Zusagen, wenn Sie noch unentschlossen sind
  • Informieren Sie alle Interessenten transparent über den Stand der Verhandlungen
  • Brechen Sie Verhandlungen nicht unvermittelt ab, wenn Sie den Käufer zu Kosten veranlasst haben

Praktische Absicherung ist wichtig

Das Urteil zeigt: Auch ohne unterschriebenen Kaufvertrag können Pflichten entstehen. Dennoch sollten sich Käufer nicht auf solche Ansprüche verlassen.

Besser ist es, sich von Anfang an abzusichern:

  • Vereinbaren Sie schriftlich, wer bei einem Rücktritt welche Kosten trägt
  • Klären Sie, ob der Verkäufer parallel mit anderen Interessenten verhandelt
  • Lassen Sie sich bei größeren Investitionen rechtlich beraten

Die Rechtsprechung entwickelt sich stetig weiter, aber eines bleibt: Vertrauen ist gut, schriftliche Vereinbarungen sind besser.

Fazit

Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe bestätigt die strenge BGH-Rechtsprechung, zeigt aber auch: In Ausnahmefällen können Verkäufer zur Kostenerstattung verpflichtet werden. Entscheidend ist das konkrete Verhalten während der Verhandlungen.

Für beide Seiten gilt: Ehrlichkeit und Transparenz vermeiden nicht nur rechtliche Probleme, sondern auch menschliche Enttäuschungen.


Quelle: LG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2025 - 9 S 41/24

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