Gemeinschaftseigentum: Keine Überwachungskameras ohne Zustimmung


Der Streitfall: Eigenmächtige Umbauten sorgen für Ärger
In einer kleinen Wohnanlage aus dem Jahr 1951 in Oberhausen eskalierte ein Nachbarschaftsstreit zwischen zwei Wohnungseigentümern. Der beklagte Eigentümer hatte ab 2021 umfangreiche bauliche Veränderungen in seinem Gartenbereich vorgenommen, ohne die erforderliche Zustimmung der Eigentümergemeinschaft einzuholen.
Die strittigen Maßnahmen im Detail:
- Abriss der bestehenden Gartenbauten und Errichtung eines massiven Steinhauses (30 m² Grundfläche, 2,33 m hoch)
- Verlegung neuer Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser durch das gemeinschaftliche Grundstück
- Installation einer Überwachungskamera an der Fassade des neuen Gebäudes
- Mehrmalige unangekündigte Unterbrechung der Wasserversorgung für die andere Wohneinheit
Der Beklagte argumentierte, er habe lediglich die alten, baufälligen Aufbauten durch einen zeitgemäßen Neubau ersetzt und die Kamera diene dem Einbruchsschutz.
Die rechtlichen Knackpunkte
Kameraüberwachung unzulässig
Das Gericht stellte klar, dass bereits das Anbringen einer Kamera oder Kameraattrappe einen unberechtigten Eingriff in das Gemeinschaftseigentum darstellt. Entscheidend war dabei:
"Durch das Anbringen einer Kamera wird in das Gemeinschaftseigentum unberechtigt eingriffen und der optische Gesamteindruck der Gesamtwohnanlage nachteilig verändert."
Besonders problematisch bewertete das Gericht den psychischen Überwachungsdruck, der auch von einer Kameraattrappe ausgeht. Die anderen Eigentümer müssen diesen Druck nicht hinnehmen, zumal nicht ausgeschlossen werden konnte, dass auch Gemeinschaftsflächen erfasst werden.
Sondernutzungsrecht berechtigt nicht zu allem
Ein zentraler Punkt der Entscheidung: Aus einem Sondernutzungsrecht folgt nicht automatisch die Berechtigung zu grundlegenden Umgestaltungen. Die Teilungserklärung räumte dem Beklagten lediglich das Recht zur Nutzung der "bestehenden Gartenflächen nebst aufstehenden Nebengebäuden" ein.
Das massive Steinhaus mit Stahlbetonfundament ging weit über die übliche Gartennutzung hinaus und veränderte das Erscheinungsbild der Anlage erheblich. Zum Vergleich: Während die ursprünglichen Bauten etwa 30 Kubikmeter umfassten, brachte es der Neubau auf 150 Kubikmeter.
Versorgungsleitungen als bauliche Veränderung
Auch die eigenmächtige Verlegung neuer Versorgungsleitungen bewertete das Gericht als unzulässige bauliche Veränderung. Diese hätte der Genehmigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bedurft, da sie sowohl den Sondernutzungsbereich als auch das Gemeinschaftseigentum betraf.
Die Gerichtsentscheidung
Das Amtsgericht Oberhausen gab der klagenden Eigentümergemeinschaft in allen wesentlichen Punkten recht:
Verurteilung des Beklagten zu:
- Unterlassung der Installation von Überwachungskameras (bei Ordnungsgeld bis 250.000 Euro)
- Vollständigem Rückbau des Steinhauses und Wiederherstellung des ursprünglichen Gartenzustands
- Entfernung aller neu verlegten Versorgungsleitungen
- Unterlassung künftiger baulicher Veränderungen ohne Zustimmung
- Unterlassung eigenmächtiger Wasserabstellungen
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Wohnungseigentümer:
- Auch im eigenen Sondernutzungsbereich sind Sie nicht völlig frei in der Gestaltung
- Wesentliche bauliche Veränderungen benötigen stets die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft
- Bei Unsicherheit sollten Sie vor größeren Maßnahmen einen Beschluss der Gemeinschaft herbeiführen
Für Eigentümergemeinschaften:
- Sie können auch ohne vorherigen Beschluss gegen ungenehmigte bauliche Veränderungen vorgehen
- Der Beseitigungsanspruch verjährt erst drei Jahre nach der Zuwiderhandlung
- Überwachungskameras sind grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Eigentümer zulässig
Praktischer Tipp: Definieren Sie in Ihrer Gemeinschaftsordnung klar, welche Veränderungen in Sondernutzungsbereichen zustimmungspflichtig sind. Dies vermeidet spätere Konflikte und teure Rechtsstreitigkeiten.
Das Urteil zeigt eindrucksvoll: Wer als Wohnungseigentümer eigenmächtig handelt, muss mit erheblichen Konsequenzen rechnen - bis hin zum kostspieligen Rückbau bereits fertiggestellter Bauten.
Quelle: AG Oberhausen, Urteil vom 19.02.2025 - 334 C 69/23
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