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Betriebskostenabrechnung: Vermieter kann Guthaben nach Fristablauf nicht mehr kürzen

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Erhalten Sie als Mieter ein Guthaben aus Ihrer Betriebskostenabrechnung, muss der Vermieter diesen Betrag auch tatsächlich auszahlen. Eine nachträgliche Korrektur zu Ihren Ungunsten ist nach Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist nicht mehr zulässig – das hat das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg in einem wegweisenden Urteil klargestellt.
Eine Frau mit überraschtem Gesichtsausdruck sitzt mit Unterlagen am Küchentisch.
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Hausverwaltung verweigert Auszahlung des Guthabens

Ein Berliner Mieterpaar erhielt Ende Dezember 2020 eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2019, die ein beachtliches Guthaben von 1.482,76 Euro auswies. Als die Mieter im Februar 2021 die Auszahlung dieses Guthabens verlangten, verweigerte die Hausverwaltung die Zahlung mit der Begründung, sie habe keine Kontovollmacht vom Eigentümer erhalten.

Die Mieter beauftragten daraufhin einen Rechtsanwalt, der die Vermieterin zur Auszahlung des Guthabens aufforderte. Als auch dies erfolglos blieb, reichten die Mieter Klage ein. Erst einen Tag vor dem Gerichtstermin – Ende August 2021 und damit mehr als sechs Monate nach Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist – legte die Vermieterin plötzlich eine korrigierte Abrechnung vor, die den Guthabenbetrag auf nur noch 492,19 Euro reduzierte.

Der Kernstreitpunkt: Kann ein einmal festgestelltes Guthaben nachträglich gekürzt werden?

Die zentrale Frage in diesem Rechtsstreit: Darf ein Vermieter ein bereits in der fristgerechten Betriebskostenabrechnung festgestelltes Guthaben nach Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist noch korrigieren?

Das Gesetz regelt in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausdrücklich nur, dass der Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist keine Nachforderungen mehr stellen darf. Zur Frage der nachträglichen Kürzung eines Guthabens schweigt der Gesetzestext. Die Vermieterin argumentierte daher, dass nur Nachforderungen vom Ausschluss betroffen seien, nicht aber die nachträgliche Korrektur eines Guthabens.

Die Entscheidung: Auch Guthabenkürzungen sind nach Fristablauf ausgeschlossen

Das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg gab den Mietern vollumfänglich recht und verurteilte die Vermieterin zur Zahlung des ursprünglich festgestellten Guthabens in Höhe von 1.482,76 Euro zuzüglich Zinsen und Anwaltskosten.

"Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass eine Verringerung des innerhalb der Frist errechneten Guthabens des Mieters nach Ablauf der Frist nur noch möglich ist, wenn der Vermieter die verspätete Korrektur nicht zu vertreten hat."

Das Gericht führte in seiner Begründung aus, dass zwar dem Wortlaut des § 556 Abs. 3 BGB nichts zur Frage der Guthabenkürzung zu entnehmen sei. Jedoch ergebe sich aus historischen, systematischen und teleologischen Erwägungen, dass das einmal fristgerecht errechnete Guthaben nicht weiter verringert werden dürfe.

Die Richter betonten, dass die Abrechnungsfrist und der Ausschluss von Nachforderungen der Abrechnungssicherheit dienen sollen. Der Mieter soll in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum Gewissheit darüber erlangen, ob er ein Guthaben erhält oder mit einer Nachforderung rechnen muss.

Schutzwürdiges Vertrauen auch bei Guthaben

Das Gericht stellte klar, dass das Vertrauen des Mieters auf ein festgestelltes Guthaben nicht weniger schutzwürdig ist als das Vertrauen darauf, nicht mit einer nachträglichen Nachforderung belastet zu werden:

"Das schutzwürdige Vertrauen des Mieters auf das bereits innerhalb der Abrechnungsfrist festgestellte Guthaben ist nicht geringer als das auf einen festgestellten Nachzahlungssaldo, im Gegenteil: In beiden Fällen rechnet der Vermieter über Vorschüsse des Mieters ab; diese stehen bis zur formell und materiell wirksamen Abrechnung als Vermögensgegenstand noch dem Mieter zu und sind dem Vermieter lediglich treuhänderisch überlassen."

Die Richter betonten weiter, dass der im Guthaben festgestellte Betrag den nicht verbrauchten Teil der Vorauszahlungen des Mieters darstellt. Es handelt sich also um Vermögenswerte des Mieters, nicht um eine bloße Begrenzung möglicher Forderungen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Mietern erheblich:

  1. Guthaben sind verbindlich: Hat Ihr Vermieter in einer fristgerecht erstellten Betriebskostenabrechnung ein Guthaben festgestellt, kann er diesen Betrag nach Ablauf der Abrechnungsfrist nicht mehr zu Ihren Ungunsten korrigieren.
  2. Abrechnungsfristen beachten: Die Abrechnungsfrist endet für Vermieter 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums. Für eine Betriebskostenabrechnung des Jahres 2022 muss die Abrechnung also bis zum 31.12.2023 beim Mieter zugegangen sein.
  3. Konsequentes Einfordern: Wenn Ihr Vermieter ein in der Abrechnung festgestelltes Guthaben nicht auszahlt, sollten Sie dieses schriftlich einfordern. Bleibt Ihre Aufforderung erfolglos, kann die Einschaltung eines Anwalts oder Mietervereins sinnvoll sein.
  4. Korrekturmöglichkeiten prüfen: Beachten Sie, dass innerhalb der Abrechnungsfrist sowohl Korrekturen zugunsten als auch zulasten des Mieters möglich sind. Erst nach Ablauf der Frist greift der Schutz vor nachträglichen Änderungen.
  5. Ausnahme beachten: Eine Korrektur zu Lasten des Mieters kann nach Fristablauf nur erfolgen, wenn der Vermieter die verspätete Korrektur nicht zu vertreten hat – was in der Praxis selten der Fall sein dürfte.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Kreuzberg unterstreicht, dass die gesetzliche Abrechnungsfrist den Mietern nicht nur Schutz vor verspäteten Nachforderungen, sondern auch Sicherheit hinsichtlich festgestellter Guthaben bieten soll. Dies entspricht dem gesetzgeberischen Ziel einer zeitnahen und verbindlichen Klärung der Betriebskostenansprüche.

Quelle: AG Berlin-Kreuzberg, Urteil vom 03.03.2022 – 23 C 71/21

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