Pfändung bei Bruchteilseigentum: Was Miteigentümer wissen müssen
Der Fall: Steuerschulden der Ehefrau bedrohen das gemeinsame Eigenheim
Ein Ehepaar besitzt gemeinsam ein Einfamilienhaus als Miteigentümer zu je einem halben Anteil. Die Ehefrau hat erhebliche Steuerschulden angehäuft, die sie bestreitet. Das Finanzamt möchte diese Schulden eintreiben und erlässt eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegen den Ehemann als sogenannten Drittschuldner. Gepfändet werden soll dabei nicht nur der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft, sondern auch der Miteigentumsanteil der Ehefrau selbst.
Der Ehemann wehrt sich gegen diese Maßnahme. Er argumentiert, dass die Steuerschulden seiner Frau gar nicht bestehen würden und die Vollstreckung in das einzige Familienheim unverhältnismäßig sei. Zudem sei unklar, was genau gepfändet werden solle, da er nicht Inhaber der Rechte seiner Ehefrau sein könne.
Die rechtlichen Streitpunkte im Detail
Der zentrale Konflikt dreht sich um die Frage, wie bei Miteigentum nach Bruchteilen vollstreckt werden darf. Das Finanzamt hatte versucht, den Miteigentumsanteil der Ehefrau am Grundstück über eine Forderungspfändung zu pfänden. Dies ist jedoch der falsche Weg, wie das Gericht feststellte.
Bei Miteigentum nach Bruchteilen wird jeder Anteil rechtlich wie ein eigenes Grundstück behandelt. Deshalb unterliegt ein solcher Anteil der Vollstreckung in unbewegliches Vermögen und nicht der einfachen Forderungspfändung. Das bedeutet: Will das Finanzamt in einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück vollstrecken, muss es die speziellen Regeln für die Immobiliarvollstreckung beachten. Eine einfache Pfändungsverfügung reicht dafür nicht aus.
Anders verhält es sich mit den Ansprüchen, die aus dem Miteigentum folgen. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft, auf Teilung des Erlöses oder auf Zustimmung zu einer Versteigerung kann durchaus gepfändet werden. Diese Ansprüche sind normale Forderungen zwischen den Miteigentümern und können daher über die Forderungspfändung erfasst werden.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Finanzgericht Hessen gab dem klagenden Ehemann teilweise Recht. Die Pfändung des Miteigentumsanteils selbst wurde für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Das Gericht stellte klar, dass für die Vollstreckung in Grundstücksanteile die Regeln der Immobiliarvollstreckung gelten müssen.
Die übrigen Teile der Pfändungsverfügung blieben jedoch bestehen. Das betrifft insbesondere die Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft und die damit verbundenen Rechte. Diese Ansprüche können rechtmäßig über eine Forderungspfändung erfasst werden.
Das Gericht wies auch die Einwände des Ehemanns zurück, die sich gegen die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme richteten. Als Drittschuldner könne er sich nicht auf Ermessensfehler berufen, die seine persönliche Situation als Bewohner betreffen. Für solche Einwände sei das Zwangsversteigerungsverfahren der richtige Ort.
Interessant ist auch die Klarstellung zur Bestimmtheit der Pfändungsverfügung. Das Gericht sah es als ausreichend an, dass die Verfügung das betroffene Grundstück genau bezeichnete und die gepfändeten Ansprüche konkret benannte. Die Formulierung "alle gegenwärtig und zukünftig zustehenden Ansprüche" in Verbindung mit der konkreten Grundstücksbezeichnung sei hinreichend bestimmt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Miteigentümer von Immobilien ergeben sich aus diesem Urteil wichtige Erkenntnisse. Wenn Ihr Ehepartner oder Miteigentümer Schulden hat, können Gläubiger grundsätzlich auf dessen Anteil zugreifen. Allerdings müssen sie dabei den richtigen rechtlichen Weg wählen.
Ein Miteigentumsanteil kann nicht einfach wie eine normale Forderung gepfändet werden. Stattdessen muss der Gläubiger den Weg über die Zwangsversteigerung gehen, genauer gesagt über eine Teilungsversteigerung. Dabei wird das gesamte Grundstück versteigert und der Erlös entsprechend den Anteilen aufgeteilt.
Als mitbetroffener Eigentümer haben Sie im Zwangsversteigerungsverfahren verschiedene Schutzmöglichkeiten. Sie können sich beispielsweise auf besondere Härten berufen, wenn es sich um Ihr einziges Wohnhaus handelt. Diese Einwände müssen Sie aber im Versteigerungsverfahren selbst vorbringen, nicht schon bei der vorhergehenden Pfändung.
Wenn Sie eine Pfändungsverfügung als Drittschuldner erhalten, sollten Sie genau prüfen, was gepfändet wird. Geht es um einen Grundstücksanteil selbst oder nur um daraus folgende Ansprüche? Im ersten Fall könnte die Pfändung rechtswidrig sein.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Sie sich als Drittschuldner nicht gegen die zugrundeliegenden Schulden wehren können. Ob die Steuerschulden zu Recht bestehen oder nicht, muss der eigentliche Schuldner in einem separaten Verfahren klären. Als Drittschuldner können Sie nur formale Fehler der Pfändung selbst angreifen.
Quelle: Finanzgericht Hessen, Urteil vom 13.02.2025, Az. 10 K 676/23
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