Nicht jeder Auftrag an den Makler ist ein Vertrag - Wann haftet der Immobilienmakler?


Der Fall: Fehlende Genehmigung für Ferienwohnung
Eine Kaufinteressentin erwarb eine Eigentumswohnung in Lübeck-Travemünde von einem Bauträger. Die Immobilienmaklerin war ursprünglich vom Bauträger mit der Vermittlung beauftragt worden. Im Rahmen eines Besichtigungstermins fragte die Kaufinteressentin die Maklerin, ob eine Vermietung der Wohnung als Ferienwohnung möglich sei. Die Maklerin bejahte dies und verwies auf die Gemeinschaftsordnung, die eine solche Nutzung ausdrücklich erlaubte.
Für die Käuferin war die Möglichkeit der Ferienvermietung entscheidend für den Kauf, da sie die Wohnung als Kapitalanlage nutzen wollte. Nach dem Kauf stellte sich jedoch heraus, dass die Hansestadt Lübeck durch einen neuen Bebauungsplan eine Ferienvermietung im betreffenden Gebiet untersagte. Der entsprechende Bebauungsplan wurde allerdings erst nach dem Kauf beschlossen und trat in Kraft.
Die Käuferin verklagte daraufhin die Maklerin auf Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen. Sie argumentierte, die Maklerin hätte eine besondere Vertrauensstellung eingenommen und sei daher zur umfassenden Beratung und Prüfung verpflichtet gewesen.
Die Entscheidung: Kein Vertragsverhältnis zwischen Maklerin und Käuferin
Das Landgericht Lübeck hat die Klage abgewiesen. Zentrale Begründung: Zwischen der Käuferin und der Maklerin bestand überhaupt kein Vertragsverhältnis, das Schadensersatzansprüche begründen könnte.
Das Gericht stellte wichtige Grundsätze für die Praxis auf:
- Kein automatischer Maklervertrag mit Kaufinteressenten: Wenn ein Makler erkennbar bereits vom Verkäufer beauftragt ist, entsteht nicht automatisch auch ein Vertragsverhältnis mit dem Kaufinteressenten. Für einen solchen zusätzlichen Vertrag müssten die Parteien eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Makler auch für die Käuferseite tätig werden soll. Dies geschieht üblicherweise durch ein ausdrückliches Provisionsverlangen des Maklers.
- Standarddienstleistungen begründen keinen Vertrag: Typische Maklerleistungen wie die Übermittlung von Exposés, die Durchführung von Besichtigungsterminen oder die Organisation eines Notartermins führen nicht zum Abschluss eines Maklervertrags mit dem Interessenten. Diese Tätigkeiten erbringt der Makler im Rahmen seines Vertrags mit dem Verkäufer.
- Kein besonderes Vertrauensverhältnis: Auch ein besonderes Vertrauensverhältnis, das weitergehende Pflichten begründen könnte, sah das Gericht nicht. Dafür müsste der Makler in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehmen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflussen. Die bloße Beantwortung einer Frage zur Ferienvermietung erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Immobilienkäufer ergibt sich aus dem Urteil eine klare Botschaft: Verlassen Sie sich nicht blind auf Auskünfte eines Maklers, der vom Verkäufer beauftragt wurde. Er ist in erster Linie dem Verkäufer verpflichtet und haftet Ihnen gegenüber nur in Ausnahmefällen.
Das sollten Sie beachten:
- Wenn Ihnen bestimmte Nutzungsmöglichkeiten einer Immobilie besonders wichtig sind (wie im Fall die Ferienvermietung), sollten Sie einen eigenen Berater hinzuziehen oder beim Makler ausdrücklich eine vertragliche Beratung vereinbaren.
- Lassen Sie sich nicht mit mündlichen Zusagen abspeisen. Wichtige Eigenschaften einer Immobilie sollten im Kaufvertrag als zugesicherte Eigenschaften festgehalten werden.
- Bei existenziellen Fragen zur Nutzung einer Immobilie sollten Sie immer selbst bei den zuständigen Behörden nachfragen oder einen Fachanwalt für Baurecht konsultieren.
Merke: Ein Immobilienmakler, der vom Verkäufer beauftragt wurde, schuldet dem Käufer keine umfassende Beratung. Nur wenn ausdrücklich ein Vertrag auch mit dem Käufer geschlossen wird, entstehen entsprechende Pflichten.
Im vorliegenden Fall war die Auskunft der Maklerin zum Zeitpunkt der Beratung sogar korrekt: Die Gemeinschaftsordnung erlaubte die Ferienvermietung, und baurechtlich war diese noch nicht untersagt. Dass später ein Bebauungsplan die Nutzung einschränkte, konnte die Maklerin nicht vorhersehen und musste sie auch nicht prüfen.
Fazit
Nicht jeder Kontakt mit einem Makler begründet ein Vertragsverhältnis. Als Kaufinteressent sollten Sie daher genau hinschauen, von wem der Makler beauftragt wurde und welche Leistungen er Ihnen gegenüber erbringen soll. Bei wichtigen Eigenschaften einer Immobilie empfiehlt es sich, selbst aktiv zu werden und eine umfassende Prüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben.
Quelle: LG Lübeck, Urteil vom 05.08.2024, Az. 10 O 36/24
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