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Wallbox in Tiefgarage: Wer darf mitentscheiden?

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Nicht nur Stellplatzbesitzer haben bei Wallbox-Installationen ein Mitspracherecht. Ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt, wann alle Wohnungseigentümer abstimmen dürfen - selbst wenn die Ladestation nur in der Tiefgarage steht.
Auto ist in einer Tiefgarage an einer Wallbox angeschlossen
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Streitfall: Wallboxen spalten die Eigentümergemeinschaft

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft wollten einige Bewohner Wallboxen in der Tiefgarage installieren lassen. Die Teilungserklärung der Anlage sah vor, dass normalerweise die Stellplatzbesitzer allein über Tiefgaragen-Angelegenheiten entscheiden. Für Gebäude-Angelegenheiten waren ausschließlich die Wohnungseigentümer zuständig. Nur bei Themen, die beide Bereiche betreffen, sollten alle gemeinsam abstimmen.

Doch genau hier lag das Problem: Die Wallbox-Installation wurde in der Eigentümerversammlung der Gesamtgemeinschaft beschlossen - also mit den Stimmen aller Wohnungseigentümer, nicht nur der Stellplatzbesitzer. Von den sieben anwesenden Stellplatzbesitzern stimmten vier gegen das Projekt, drei dafür. Trotzdem kam der Beschluss durch die Stimmen der anderen Wohnungseigentümer zustande.

Warum die Stellplatzbesitzer klagten

Die unterlegenen Stellplatzbesitzer sahen ihre Rechte verletzt. Sie argumentierten, dass Wallboxen in der Tiefgarage eine reine Tiefgaragen-Angelegenheit seien. Nach ihrer Teilungserklärung hätten daher nur sie selbst darüber abstimmen dürfen. Da sie unter sich keine Mehrheit für das Projekt gefunden hatten, sei der Beschluss der Gesamtgemeinschaft rechtswidrig.

Außerdem kritisierten sie, dass die Wohnungseigentümer von ihrem Stimmrecht hätten keinen Gebrauch machen dürfen. Sie befürchteten, mit Kosten für ein Projekt belastet zu werden, das sie nicht wollten und das ihrer Meinung nach unrechtmäßig beschlossen wurde.

Die Stellplatzbesitzer beantragten vor Gericht, den Beschluss für nichtig oder ungültig zu erklären. Sie wollten verhindern, dass das Wallbox-Projekt umgesetzt und sie zur Kostenbeteiligung herangezogen werden.

Die entscheidenden technischen Details

Das Gericht musste klären, ob es sich wirklich um eine reine Tiefgaragen-Angelegenheit handelte. Bei der genaueren Betrachtung der geplanten Arbeiten stellte sich heraus, dass die Installation weitaus komplexer war als zunächst angenommen.

Arbeiten im Wohngebäude erforderlich

Der Hausanschlussraum bot nicht genügend Platz für die benötigte Ladeinfrastruktur. Daher musste die gesamte Basisinstallation im Waschraum des Wohngebäudes erfolgen. Zusätzlich war eine Umrüstung der bestehenden Zählerverteilung im Gebäude notwendig, um den individuellen Stromverbrauch der einzelnen Wallboxen erfassen zu können.

Bauliche Verbindung zwischen Gebäude und Tiefgarage

Da sich die Ladeinfrastruktur im Wohngebäude befinden sollte, die Wallboxen aber in der Tiefgarage installiert werden sollten, musste ein Wanddurchbruch zwischen beiden Gebäudeteilen hergestellt werden. Nur so konnten die Leitungen von der zentralen Technik zu den einzelnen Stellplätzen verlegt werden.

Das Urteil: Gesamtgemeinschaft war zuständig

Das Amtsgericht wies die Klage ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit des Beschlusses. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass es sich nicht um eine ausschließliche Tiefgaragen-Angelegenheit handelte.

Beide Bereiche sind betroffen

Nach der Teilungserklärung durften gesonderte Abstimmungen nur bei Angelegenheiten stattfinden, die ausschließlich entweder das Wohngebäude oder die Tiefgarage betrafen. Da für die Wallbox-Installation aber umfangreiche Arbeiten im Wohngebäude erforderlich waren, waren beide Bereiche betroffen.

Die wirtschaftliche Trennung zwischen Wohngebäude und Tiefgarage, die in der Teilungserklärung vorgesehen war, galt nur für reine Einzelbereich-Angelegenheiten. Sobald eine Maßnahme beide Bereiche berührte, war die Gesamtgemeinschaft für die Entscheidung zuständig.

Rechtmäßige Kostenbeteiligung

Auch die beschlossene Kostenverteilung bestätigte das Gericht als rechtmäßig. Da der Beschluss mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit gefasst wurde, konnten die Kosten grundsätzlich auf alle Eigentümer verteilt werden. Die Entscheidung, stattdessen nur die Stellplatzbesitzer zu belasten, war eine zulässige Abweichung vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel und benachteiligte niemanden unrechtmäßig.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Sorgfältige Prüfung der betroffenen Bereiche

Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, bei geplanten Baumaßnahmen genau zu prüfen, welche Gebäudeteile tatsächlich betroffen sind. Auch wenn eine Maßnahme auf den ersten Blick nur einen Bereich zu betreffen scheint, können technische Notwendigkeiten eine umfassendere Betrachtung erforderlich machen.

Wohnungseigentümer sollten sich nicht allein auf die oberflächliche Beschreibung einer Maßnahme verlassen. Wichtig ist die detaillierte Analyse aller erforderlichen Arbeiten und ihrer Auswirkungen auf verschiedene Gebäudebereiche.

Abstimmungsrechte richtig verstehen

Die Entscheidung macht deutlich, dass Sonderregelungen in Teilungserklärungen eng auszulegen sind. Eine getrennte Behandlung von Wohngebäude und Nebengebäuden ist nur möglich, wenn die jeweilige Angelegenheit wirklich ausschließlich einen Bereich betrifft.

Bei modernen technischen Installationen wie Wallboxen ist eine Beschränkung auf einzelne Gebäudebereiche oft nicht möglich, da die erforderliche Infrastruktur mehrere Bereiche umfasst.

Praktische Konsequenzen für Wallbox-Projekte

Eigentümergemeinschaften mit ähnlichen Teilungserklärungen sollten bei Wallbox-Projekten von vornherein davon ausgehen, dass alle Eigentümer abstimmungsberechtigt sind. Eine Beschränkung auf die Stellplatzbesitzer ist nur möglich, wenn sämtliche technische Infrastruktur ausschließlich im Tiefgaragenbereich installiert werden kann.

Die Entscheidung stärkt letztendlich die Position derjenigen, die Wallbox-Installationen befürworten, da sie nicht mehr allein auf die Zustimmung der Stellplatzbesitzer angewiesen sind.

Kostenverteilung bleibt flexibel

Trotz der erweiterten Abstimmungsberechtigung können die Kosten weiterhin gezielt auf die tatsächlich profitierenden Eigentümer verteilt werden. Das Gericht bestätigte, dass Abweichungen vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel möglich bleiben, solange sie sachlich begründet sind und niemanden unrechtmäßig benachteiligen.

Bedeutung für andere Baumaßnahmen

Die Grundsätze des Urteils gelten nicht nur für Wallboxen, sondern für alle Baumaßnahmen in Wohnungseigentümergemeinschaften mit getrennten Gebäudebereichen. Entscheidend ist stets die konkrete technische Umsetzung und nicht die abstrakte Zuordnung der Maßnahme zu einem bestimmten Bereich.

Eigentümergemeinschaften sollten ihre Teilungserklärungen daher nicht als starre Vorgaben verstehen, sondern als Rahmen, der bei komplexeren technischen Projekten einer differenzierten Betrachtung bedarf.


Quelle: AG München, Urteil vom 28.11.2024, Az. 1293 C 17375/24 WEG

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