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Vorkaufsrecht bleibt bestehen: BGH-Urteil stärkt Siedlungsunternehmen

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Beim Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken kann das Vorkaufsrecht nicht nachträglich ausgehebelt werden, selbst wenn die ursprünglichen Vertragsparteien den Kaufvertrag aufheben möchten. Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil die Position von Siedlungsunternehmen gestärkt.
Kornfeld, im Vordergrund ein paar Ähren
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Sachverhalt: Verkauf und Aufhebungsversuch

In diesem Fall verkauften die Grundstückseigentümer mit notariellem Kaufvertrag zwei landwirtschaftliche Grundstücke in Hessen (1,4 ha und 2,3 ha) an eine GmbH & Co. KG, die dort eine Freiflächenphotovoltaikanlage errichten wollte. Da es sich um landwirtschaftliche Flächen handelte, war eine Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz erforderlich.

Nach Beantragung der Genehmigung passierte Folgendes:

  1. Die Eigentümer und die Käuferin ließen durch Vertreter ohne Vollmacht den Kaufvertrag notariell aufheben.
  2. Zwei Tage später erhielten beide Parteien die Mitteilung, dass ein Siedlungsunternehmen sein Vorkaufsrecht ausgeübt hatte.
  3. Nach dieser Mitteilung genehmigten die Parteien den zuvor durch die vollmachtlosen Vertreter geschlossenen Aufhebungsvertrag notariell.

Die Verkäufer wollten mit einer Klage feststellen lassen, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei. Sie argumentierten, dass der Kaufvertrag durch die nachträgliche Genehmigung der Aufhebung rückwirkend unwirksam geworden sei.

Die zentrale Streitfrage

Kann ein bereits ausgeübtes siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht nachträglich durch die Genehmigung eines zuvor von vollmachtlosen Vertretern geschlossenen Aufhebungsvertrags unwirksam werden?

Diese Frage ist besonders relevant, weil die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts normalerweise auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt.

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen und dabei folgende wichtige Grundsätze klargestellt:

  1. Grundsätzliche Regel: Das Recht zur Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt einen rechtswirksamen Kaufvertrag voraus. Bis zur Erteilung aller erforderlichen Genehmigungen können Verkäufer und Käufer das Vorkaufsrecht gegenstandslos machen, indem sie den Vertrag aufheben.
  2. Besonderheit beim siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht: Nach Zugang der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts können die ursprünglichen Vertragsparteien den Vertrag nicht mehr wirksam aufheben.
  3. Entscheidend für den Fall: Selbst wenn der Aufhebungsvertrag vor der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch vollmachtlose Vertreter geschlossen und erst danach genehmigt wurde, entfällt das bereits ausgeübte Vorkaufsrecht nicht rückwirkend.

Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass das Siedlungsunternehmen mit der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts eine "verfestigte Rechtsposition" erlangt, die ihm nicht mehr entzogen werden kann. Die sonst übliche Rückwirkung der Genehmigung nach § 184 BGB greift hier nicht zu Lasten des Vorkaufsberechtigten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen:

  • Wenn Sie eine landwirtschaftliche Fläche ab 0,5 ha (in Hessen, in anderen Bundesländern gelten teils andere Grenzen) verkaufen möchten, müssen Sie mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts durch ein Siedlungsunternehmen rechnen.
  • Die Möglichkeit, einen Kaufvertrag aufzuheben, um ein Vorkaufsrecht zu verhindern, besteht nur bis zur Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts.
  • Achten Sie auf den sogenannten "Zwischenbescheid" der Genehmigungsbehörde - dieser weist auf die mögliche Ausübung des Vorkaufsrechts hin. Zu diesem Zeitpunkt können Sie noch den Genehmigungsantrag zurückziehen.

Für Käufer landwirtschaftlicher Flächen:

  • Beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke besteht immer das Risiko, dass ein Siedlungsunternehmen sein Vorkaufsrecht ausübt.
  • Selbst wenn Sie mit dem Verkäufer einvernehmlich vom Kaufvertrag zurücktreten möchten, ist dies nach Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr möglich.

Für Siedlungsunternehmen:

  • Ihre Rechtsposition wird durch dieses Urteil gestärkt: Haben Sie ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht ausgeübt, können die ursprünglichen Vertragsparteien dies nicht mehr durch nachträgliche Vertragsaufhebung vereiteln.

Fazit

Das BGH-Urteil stärkt die Position von Siedlungsunternehmen erheblich und begrenzt die Möglichkeiten der Vertragsparteien, ein ausgeübtes Vorkaufsrecht nachträglich zu verhindern. Für Verkäufer landwirtschaftlicher Flächen ist es wichtig, die Konsequenzen eines möglichen Vorkaufsrechts bereits vor Vertragsabschluss zu bedenken und auf den Zwischenbescheid der Genehmigungsbehörde zu achten, der noch die Möglichkeit zur Rücknahme des Genehmigungsantrags bietet.

Quelle: BGH, Urteil vom 11.04.2025 - V ZR 194/23, veröffentlicht in BeckRS 2025, 9582

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