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Mietaufhebungsvertrag ist kein Haustürgeschäft

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Mieter können einen in der eigenen Wohnung geschlossenen Mietaufhebungsvertrag nicht einfach widerrufen. Das Landgericht Berlin II stellte klar: Die Räumungspflicht ist keine "Preiszahlung" im rechtlichen Sinn.
Auf einem Holztische liegen Vertragsunterlagen, die gerade von einem Mann unterschrieben werden. Schlüssel liegen daneben.
Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Fall: Wenn aus Einigung schnell Streit wird

Ein typischer Berliner Mietkonflikt landete vor Gericht. Vermieter und Mieter hatten sich im Juni 2023 auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses geeinigt. Die Vermieterin war sogar bereit, den Mietern eine Entschädigung von mehreren tausend Euro zu zahlen, damit diese die Wohnung freiwillig räumen.

Doch nach dem Vertragsschluss bekamen die Mieter kalte Füße. Sie beriefen sich darauf, dass die Vereinbarung in ihrer Wohnung geschlossen worden war und behaupteten, ein Widerrufsrecht zu haben – schließlich handele es sich um ein sogenanntes Haustürgeschäft.

Das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften: Wann gilt es?

Grundsätzlich können Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen binnen 14 Tagen widerrufen. Dieses Recht soll sie vor übereilten Entscheidungen schützen, wenn sie an der Haustür oder in den eigenen vier Wänden unter Druck gesetzt werden.

Entscheidende Voraussetzung ist jedoch: Der Verbraucher muss sich zur Zahlung eines Preises verpflichten. Genau hier liegt der Knackpunkt des vorliegenden Falls.

Die Streitfrage: Ist Räumung gleich Preiszahlung?

Die Mieter argumentierten, ihre Verpflichtung zur Räumung der Wohnung sei gleichbedeutend mit einer Preiszahlung. Schließlich erhalte die Vermieterin dadurch einen geldwerten Vorteil – sie bekomme ihre Wohnung zurück und könne diese neu vermieten oder verkaufen.

Das Gericht sah dies anders. Die Richter unterschieden klar zwischen einer tatsächlichen Preiszahlung und anderen Leistungen, die einem Vertragspartner zugutekommen.

Die rechtliche Bewertung: Räumung ist keine Preiszahlung

Das Landgericht Berlin II betonte, dass der Gesetzgeber bei der Reform des Verbraucherrechts bewusst den Begriff "Preis" gewählt hat. Dieser ist deutlich enger gefasst als das frühere "Entgelt".

Ein Preis im rechtlichen Sinn liegt nur vor, wenn:

  • Geld oder eine digitale Währung (wie Bitcoin) bezahlt wird
  • Die Leistung beziffert ist
  • Sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als "Hingabe eines Werts" gilt

Bei der Räumungsverpflichtung fehlen diese Merkmale. Zwar entsteht der Vermieterin ein geldwerter Vorteil, dieser ist aber nicht beziffert und stellt keine direkte Preiszahlung dar.

Keine Rolle spielt die Entschädigung

Auch die angebotene Entschädigung änderte nichts an der rechtlichen Bewertung. Das Gericht stellte fest, dass diese Zahlung lediglich der Kompensation möglicher Nachteile der Mieter diente. Sie bezifferte nicht den Wert oder Preis der Räumung selbst.

Die Vermieterin kaufte sich also nicht die Räumung, sondern glich finanzielle Belastungen aus, die den Mietern durch den vorzeitigen Auszug entstehen könnten.

Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung macht deutlich, dass Mietaufhebungsverträge auch dann bindend sind, wenn sie in der Wohnung des Mieters geschlossen werden. Dies hat weitreichende Folgen:

Mieter sollten sich vor Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung gründlich überlegen, ob sie den Vertrag wirklich eingehen wollen. Ein nachträglicher Widerruf ist nicht möglich.

Vermieter können sich darauf verlassen, dass einmal geschlossene Aufhebungsverträge rechtlich bindend sind – unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses.

Rechtsanwälte und Mietrechtsberater sollten ihre Mandanten über diese klare Rechtslage informieren, um spätere Enttäuschungen und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Mieter: Lassen Sie sich bei Aufhebungsverhandlungen nicht unter Druck setzen. Nehmen Sie sich ausreichend Bedenkzeit und holen Sie im Zweifel rechtlichen Rat ein. Einmal unterschrieben, ist der Vertrag bindend.

Für Vermieter: Sie können auch weiterhin Aufhebungsverträge direkt in der Mietwohnung verhandeln und abschließen, ohne befürchten zu müssen, dass Mieter diese später widerrufen können.

Für beide Seiten gilt: Eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses bleibt oft die beste Lösung. Sie vermeidet langwierige Kündigungsverfahren und ermöglicht faire Kompensationen für alle Beteiligten.

Das Berliner Gericht hat mit seiner Entscheidung Rechtssicherheit geschaffen. Mietaufhebungsverträge sind bindend – auch wenn sie an der Wohnungstür geschlossen werden.


Quelle: Landgericht Berlin II, Beschluss vom 19.02.2025, Az. 67 S 213/24

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